TIERE GEHEN IMMER

Multiples und Editionen von:

 

Ursula Böhmer · Andreas Greiner · Gabriele Künne · Katharina Moessinger · Oliver Möst
Iris Musolf · Albrecht Noack · Jens Passoth · Frank Peters · Maria & Natalia Petschatnikov
Ivan Razumov · Claudia Rorarius · Ina Sangenstedt · Jana Slavik · Joulia Strauss
Peter Weibel · Andrea Wilks · Stephen Wilks

 

Wir laden Sie herzlich ein zur Ausstellungseröffnung:

Freitag, den 23. November 2012 um 19 Uhr

 

24. November 2012 – 12. Januar 2013

 

 

 

In der diesjährigen Weihnachtsausstellung mit dem Titel „Tiere gehen immer“ werden in der Galerie Axel Obiger wieder Multiples und Editionen ausgestellt und zum Verkauf angeboten.


Setzten sich in der letztjährigen Ausstellung mit dem Titel „S-M-L-XL“ die Exponate eher abstrakt mit Größenverhältnissen des Warenverkaufs auseinander, thematisieren nun die Mulitples und Editionen das Statement „Tiere gehen immer“.


 

Das Thema „Tiere“ spielt wohl bei jeder Weihnachtsfeier, ob in trauter Zweisamkeit, im engeren Freundes- und Familienkreis oder während der Feiertage über den Jahreswechsel (man denke hier auch an die gleichnamige TV-Satire „Dinner for One“, in der Butler „James“ jedes Jahr zum Jahreswechsel immerfort über den Tigerkopfteppich stolpert) bewußt oder unterbewußt eine Rolle. 


Hierzulande werden über die Feiertage als Teil traditioneller Zeremonien die meisten Tiere verspeist;  ebenso müssen sich Veganer und Vegetarier bei zahlreichen Einladungen wohl am häufigsten rechtfertigen.
„Tiere“ begegnen uns in unterschiedlichen Formaten und Formen besonders häufig in dieser Zeit, z. B. als Tiermotiv auf Geschenkpapier, als zu verschenkendes künstliches Kuscheltierobjekt oder als zentraler Bestandteil von Weihnachtskrippen-Installationen. Besonders nachdenklich stimmen kann auch die erstaunlich hohe Zahl an Tieren, die lebendig zu Weihnachten verschenkt werden.


Durch den zugespitzten Ausstellungstitel „Tiere gehen immer“ werden die ausgestellten und zum Verkauf angebotenen Artefakte in einen konkreten gesellschaftlichen Kontext gesetzt, der dem Betrachter und Käufer Raum gibt, um über das Gesamtphänomen unseres Verhältnisses zu Tieren in dieser kontemplativen Zeit neu nachdenken zu können.

 



Neben den grafischen Editionen, als Sonderausgaben oder speziellen Auflagen von Werken, zählen Multiples zu den bekanntesten und wohl auch meist verbreiteten Gattungen der Gegenwartskunst.  Marcel Duchamp bereitete bereits im Jahre 1913 mit seiner Einführung des „Ready-mades“ die Emanzipation von der Idee des Originals vor. Als soziokulturelles Objekt bricht das Multiple mit der Suprematie des Unikates und dessen Aura und führt so zu einer Demokratisierung der Kunstproduktion.



 

Zu sehen und erstehen sein werden verschiedene Drucke, analoge und digitale Fotoprints sowie „mixed media“-Materialarbeiten aus Papier, Karton und Holz in begrenzter Auflage mit so verlockenden Titeln wie „Im Versteck“, „Badende Schabrackentapire“ oder „Animal Love Doll Scans“.

© Marcus Kettel 2012

 

 

 

 

BLACK FOREST

Andrej Glusgold

 

Eröffnung am Donnerstag, den 1. November 2012 um 19 Uhr

 

Ausstellungsdauer: Freitag den 02.11. – Sonntag den 04.11.2012

 

 

 

Andrej Glusgold präsentiert zum Monat der Fotografie in der Galerie Axel Obiger eine neue Serie zum Thema Wald. Die sieben großformatigen Fotoarbeiten tragen den Titel "Black Forest" und sind 2011 und 2012 entstanden.

 

Wie Georg Simmel in seiner "Philosophie der Landschaft" (*1) beschreibt, entsteht Landschaft, "in dem ein auf dem Erdboden ausgebreitetes Nebeneinander natürlicher Erscheinungen zu einer besonderen Art von Einheit zusammengefasst wird. Zunächst steht uns die Landschaft in einer Distanz der Objektivität gegenüber, die dem künstlerischen Verhalten zugute kommt…".


Andrej Glusgold arbeitet oft ausgehend von Werken bekannter Maler, die er neu interpretiert. So nahm er im ersten Teil seiner Landschaftsserie "After C. D. Friedrich", die von 2008 bis 2011 entstand, unsere durch die Romantik und deren Bildgestaltung geprägte Sicht auf die Landschaft genauer unter die Lupe. Inspiriert von der ursprünglich romantischen Suche nach der Erhabenheit und Spiritualität in der Natur hat Andrej Glusgold Orte in der Sächsisch-Böhmischen Schweiz und auf Rügen an Orten fotografiert, die Caspar David Friedrich in Skizzen für seine berühmten Gemälden festgehalten hat.

 



In den ausgestellten Arbeiten "Black Forest" in der Galerie Axel Obiger, handelt es sich um den zweiten Teil seiner als Trilogie angelegten Serie, in der er die fotografische Abbildungs- und Darstellungsmöglichkeit von Landschaften, sowie deren Wahrnehmungs-, Wirkungs-, Representations- und Inszenierungsmuster untersucht. In den großformatigen Fotoabzügen sind die Farben und die Weite der Landschaft aus der Vorgängerarbeit "After C. D. Friedrich", dem harten Kontrast von Schwarz und Weiss gewichen, wobei der Betrachter in einen menschenleeren Wald geführt wird. In dieser Serie geht Andrej Glusgold noch einen Schritt zurück, in die Zeit weit vor der Aufklärung, als der Wald als ein menschenfeindlicher und unheimlicher Ort empfunden wurde.

Die Motive wirken wie surrealistische Phantasielandschaften einer alptraumhaften und mysteriösen Märchenwelt. Auf einer metaphorischen Ebene, stehen die dargestellten Naturmotive für den Künstler auch stellvertretend für eine innere Seelenlandschaft, in deren Bildraum man sich beim Betrachten nahezu magisch hineingezogen fühlt.

 

Auf den ausgestellten Bildern wirken die weißen Bäume grafisch, wobei sich Baumstämme, Zweige und rhizomartige Verästelungen im schwarzen Wasser spiegeln und eigene Muster bilden. Durch die dargestellte Dichte und Tiefe des Bildraumes ist für den Betrachter kaum 
eine Öffnung im Wald ersichtlich.

Die romantische Erhabenheit aus dem ersten Teil der Serie "After C. D. Friedrich", ist in der aktuellen Serie "Black Forest" somit einer gefühlten Bedrohlichkeit gewichen: 
"Als ganze Menschen stehen wir vor der Landschaft, der natürlichen wie der kunstgewordenen, und der Akt, der sie für uns schafft, ist unmittelbar ein schauender und ein fühlender, erst in der nachträglichen Reflexion in Gesondertheiten zerspaltener. Der Künstler ist nur derjenige, der diesen formenden Akt des Anschauens und Fühlens mit solcher Reinheit und Kraft vollzieht, dass er den gegebenen Naturstoff völlig in sich einsaugt und diesen wie von sich aus neu schafft…(*2)".

 

(*1)(*2): Georg Simmel, "Philosophie du paysage/Philosophie der Landschaft" in "Georg Simmel, La Tragédie de la culture et autres essais", Rivages, Paris, Marseille, 1988. European Landscape Photography, "Summer of Photography 2012, BOZAR, Brüssel.

 

© Marcus Kettel, Galerieleiter und Jochen Wendeberg, Assistenz

 

 

 

 

LEAVING ELSE

Claudia Rorarius

 

Eröffnung am Donnerstag, den 08. November 2012 um 19 Uhr

 

Ausstellungsdauer: Freitag den 09.11 – Sonntag den 11.11.2012

 

 

 

Claudia Rorarius präsentiert zum Europäischen Monat der Fotografie in der Galerie Axel Obiger die Fotoserie "leaving else" mit 28 analogen Farbfotografien im Mittelformat, eine Gegenüberstellung von intimen familiären Portraits und in der Fremde fotografierten Arbeiten, die in den letzten vier Jahren entstanden ist. Des Weiteren zeigt sie einen Buch-Dummy dieser Motive für die geplante Veröffentlichung „leaving else“.

 

Die Fotografien konzentrieren sich auf den naturbedingten Alterungsprozeß ihrer Großmutter in der Heimat Berlin, der für sie einmal mehr Impulsgeber für den Aufbruch in ferne Regionen war. In Ländern wie Argentinien, Frankreich, Indien, Indonesien, Spanien, England und der Schweiz, begab sie sich auf eine persönliche Spurensuche. Sie fotografierte dort sowohl Alltagsszenen in Städten, als auch Personen und Landschaften.

 

Claudia Rorarius ist in Berlin geboren, studierte Freie Kunst und Film an der Kunsthochschule für Medien in Köln und lebt als Fotografin und Filmemacherin in Berlin. Bereits 1998 zeigte sie in ihrem Dokumentarfilm “Meine Oma” ein eindringliches Porträt ihrer Großmutter.

 

In der aktuellen Fotoarbeit, richtet sie den Fokus auf den letzten Lebensabschnitt ihrer Großmutter. Innerhalb des privaten und vertrauten Bereichs der familiären Umgebung gelingen ihr intime Detailaufnahmen, die uns den Prozess des immer schwächer werdenden Körpers veranschaulichen: so zeigt sie uns in würdevoller Art zum Beispiel auch Fotografien die nach einem Schlaganfall oder einem Sturz ihrer Großmutter entstanden sind.

 

Dem entgegengesetzt, stellen die in der Ferne fotografierten Arbeiten, die Annäherungen an etwas Fremdes, Unbekanntes dar. In der Kombination dieser, auf den ersten Blick scheinbar unterschiedlichen Themengebiete, erzeugt sie ein phänomenologisches Spannungsfeld über den Begriff des Verlassens, zwischen den Ebenen des unumgänglichen Verlassen-Werdens und des kurzzeitigen und selbst bestimmbaren Zeitpunkts der Möglichkeit einen Ort zu verlassen.

 

Claudia Rorarius bewegt sich in der gezeigten Arbeit zwischen den Genres der dokumentarischen und der inszenierten Fotografie. Dabei geht es ihr nicht um den Wahrheitsgehalt, den uns die Dokumentarfotografie zu versprechen scheint, sondern viel mehr, um das gezielte Changieren zwischen Realität und Fiktion, dort wo diese zwei Ebenen aufeinander treffen und sich gegenseitig verstärken entsteht eine Reibung eine eigenständiger Kosmos. Sie stellt damit die Abgrenzungen der gewohnten Kategorisierungen bewusst in Frage und ermöglicht uns einen erweiterten Spielraum für die Betrachtungsweise und Interpretationsmöglichkeit über den Begriff des "Vergänglichen".

 

Nach dem Fotobuch „What It Feels“ aus dem Jahre 2005, das für Claudia Rorarius einem ersten Aufbruch, einer emotionalen Reise gleichkam, führt uns die aktuelle Serie „leaving else" nun auf einem assoziativen, nahezu filmischen Weg durch besonders bewegte Jahre ihres Lebens. Für sie ist es, wie sie es selbst in ihrem Infotext des Buch-Dummys beschreibt, "eine Liebeserklärung, ein Abschied und gleichzeitig ein Spiel mit den Perspektiven. Da die Fotos weder chronologisch geordnet, noch konkret verortet sind, stellt das Buch Fragen nach Einsamkeit, Identität und Zughörigkeit."

 

© Marcus Kettel, Galerieleiter und Jochen Wendeberg, Assistenz    

 

 

 

 

WEDDING 2

Gabriele Worgitzki

 

Eröffnung am Donnerstag, den 18. Oktober 2012 um 19 Uhr

 

Ausstellungsdauer: Freitag den 19.10 – Sonntag den 21.10.2012

 

 

 


Gabriele Worgitzki hat sich zum Europäischen Monat der Fotografie hier speziell für eine Videoarbeit mit dem Titel „wedding 2“ entschieden, in der mehrere Ebenen ihres langjährigen künstlerischen Forschens zum übergeordneten Thema „Wahrnehmung in Raum und Zeit“ zusammenfließen. 


Dabei untersucht sie die vielschichtigen Dimensionen unseres Bilderbewußtseins und Erinnerungsvermögens, zwischen scharfer und unscharfer Wahrnehmung, in besonders poetischer Art und Weise.


Ihre Videoprojektion „wedding 2“ in einer Endosschleife, wirkt wie eine Traumsequenz, bei der unterschiedliche Zeitebenen und Abläufe des urbanen Lebens, asynchron übereinandergelagert sind.



 

Ausgangsbasis für diese Sequenz, bilden die mit einer selbst gebauten Lochkamera aufgenommenen seriellen Fotos aus dem urbanen Stadtraum im Stadtbezirk Wedding, der hier nur als exemplarisches Ortsbeispiel von generellen Bewegungen und Begegnungen im öffentlichen Raum moderner Städte fungiert.

 



Parallel dazu, wurde an Ort und Stelle ein Videofilm gedreht, dessen Inhalt mit einzelnen Lochkamerafotos und nachträglich übereinander montiert wurde und die besondere zeitliche Mehrdimensionalität hervorbringt. 
Laut Peter Weibel wird „Wahrnehmungslehre immer ein Schnittbegriff von Territorien sein, so wie Technologie immer mit Wahrnehmungslehre verknüpft sein wird“ (*1).

 



Ein besonderes Anliegen ist in Gabriele Worgitzkis Wahrnehmungsforschung das Herauskristallisieren von symptomatischer Gestik und Haltung der vorbeilaufenden Personen, deren Verschleierung sie aus der gewöhnlichen Oberglächenwahnehmung der Bilderflut im alltäglichen Kosumrausch lüftet.

 



Es geht ihr dabei weniger um persönliche Charakterstudien, sondern um die wesenhafte Züge von Individuen, die sie mittels der technischen Überlagerung von unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Bildfolgen herauskristallisiert:

 



Individuelle, fast statisch wirkende, eingefrorene Gesten und Handlungen, treten deutlich in Erscheinung und bilden ein Spannungsverhältnis mit dem allgemeinen Bilderrauschen eines vorbeirasenden zivilisatorischen Zeitstroms.



 

Unterschiedliche Zeitebenen und Zeitqualitäten werden dadurch beeindruckend bewußt gemacht und der Blick dafür geschärft, dass jeder Mensch in (s)einer eigenen Zeit („seiner Eigenzeit“) lebt,  jedoch den Takt und die Geste der (Fort-)Bewegung im Raum oft individuell und selbst bestimmen kann.  



 

Marcus Kettel, Gallery Director  




 

(*1) Peter Weibel, „Territorium und Technik“, in „Philosophien der neuen Technologien, ARS ELECTRONICA (Hrsg)“; Berlin 1989

 

 

 

 

FADE OUT

Photogenic drawings 1996 & 2012

Oliver Möst

 

Eröffnung am Donnerstag, den 25. Oktober 2012 um 19 Uhr

 

Ausstellungsdauer: Freitag den 26.10 – Sonntag den 28.10.2012

 

 

 

Oliver Möst thematisiert in seiner Ausstellung „Fade out – Photogenetic drawings 1996 & 2012“ die elementaren Grundbedingungen der Fotografie.
Wie in einer Art Lichtmalerei, hält er fotogrammartig das Schattenbild von Gegenständen, das sich durch das natürliche
Sonnenlicht am Fenster seiner Studioarrangements ergibt, auf 50-Jahre altem, lichtempfindlich gewordenen Kopierpapier,
fest. Diese erste Phase des Produktionsprozesses nimmt damit Bezug zur allgemeinen, aber auch oberflächlichen
Betrachtung der Fotografie, als das Medium, das exemplarisch für das „fixierte Zeitalter“ steht, das Joseph Niecephore
Niépce mit seiner ersten lichtbeständigen heliographischen Kopie eines graphischen Blattes bereits 1822 einleutete.

 

Wie Florian Rötzer im Band 129 des Kunstforums von 1995 unter genauerer Betrachtung konstatierte, wissen wir spätestens
seit Roland Barthes Fotoessays, dass die Fotografie nicht nur das Verschwinden festhalten kann, sondern, dass die Foto-grafie genauer betrachtet nur ein vergängliches Abbildungszeugnis ist, denn ein Foto löst sich im Laufe der Zeit selbst auf: „Nicht nur teilt es das Schicksal des vergänglichen Papiers, es ist, auch wenn es auf härterem Material fixiert wird, um nichts weniger sterblich: wie ein lebender Organismus wird es geboren aus keimenden Silberkörnchen, erblüht es für einen Augenblick, um alsbald zu altern. Angegriffen von Licht und von der Feuchtigkeit, verblasst es, erschöpft es
sich und verschwindet....“ (*1).

 

Genau dieser Prozess des wieder Verschwindens - zumeist ein blinder Fleck in der allgemeinen phänomenologischen
Betrachtung der Fotografie - interessiert Oliver Möst in seiner hier gezeigten künstlerischen Arbeit: So fokussiert er
innerhalb der vier tägigen Ausstellungslaufzeit die etwas tiefer liegende Ebene der Vergänglichkeit von fotografischen
Abbildungen. Dabei werden die Abbildungen nicht fixiert und das Sonnenlicht lässt diese Bilder während der Ausstellungs- dauer auch wieder verschwinden, denn das einfallende natürliche Licht sorgt dafür, dass das Papier langsam immer dunkler wird: Das natürliche Sonnenlicht bringt also die Bilder hervor und lässt sie aber auch ebenso wieder verschwinden.

Um der Ebene des Verschwindens eine weitere Dimension hinzuzufügen, wählt Oliver Möst bewusst Motive, die für ihn
in ihrer eigenen Funktion, selbst den Prozess der Vergänglichkeit in sich tragen. So werden bei ihm Alltagsgenstände
wie Gewürze, Gemüse und Blumen, Einkaufstüten, Gürtel und Fahnen, in seine ausgestellten Zyklen von abgebildeter
Erscheinung und deren bildlicher Auflösung einbezogen.

Oliver Möst geht in seinen zweiteilgen Arbeit „ Photogentic drawings, die 1996 (*2) und 2012 entstanden sind also noch
einen Schritt über die gewohnte Parameterabfolge der analogen Fotografie von Filmmaterial den Entwicklungsprozessen,
bis hin zum fertigen Positiv hinaus, indem er deutlich den Fokus auf das natürliche Sonnenlicht als die unabdingbare
Grundbedingung schlechthin, richtet.

 

Oliver Mösts hier gezeigte Arbeit führt uns somit zum Staunen über das grundlegende, magische Element der Fotografie
zurück, das durch die massenhafte digitale Bilderproduktion heutzutage oft nur im Unterbewußten schlummert.

 

(*1) Florian Rötzer „Die technologische Dimension“ in KUNSTFORUM International, Band 129: „Die fotografische Dimension“, Seite 164.
(*2) Diese Arbeit wurde bereits bei einer Ausstellung in einer Kellergalerie in Melbourne/Australien 1996 realisiert.

 

© Marcus Kettel, 2012

 

 

 

 

BLASE

Harriet Groß und Maja Rohwetter

 

Eröffnung am Freitag, den 7. September 2012 um 19 Uhr

 

08. September 2012 – 13. Oktober 2012

 

 

 

Unter dem Titel "Blase" thematisiert Harriet Groß vorrangig Vorgänge im Zwischenbereich von sinnlicher Objektwelt und dem mentalen Bereich, wohingegen Maja Rohwetter fiktionalen Bildwelten in der Verdichtung von realer Außenwelt und Virtualität aufbaut.

 

Die "Blase" steht mit ihrer Hülle, ähnlich dem Ei, wie es Peter Sloterdijk in Band 1 seiner Trilogie "Sphären" mit dem Titel "Blasen" beschreibt, "mit ihren Membranen, Gallerthüllen oder Schalen, für das Prinzip Grenze; sie schließen das Innere gegen das Äußere ab; zugleich erlauben sie hochselektive Kommunikationen zwischen Ei und Umwelt … . Als materialisierte Unterscheidungsinstanzen zwischen Innen und Außen fungieren Schalen und Membranhäute somit als Medien im Grenzverkehr." (*1)

 

Harriet Groß untersucht die Bedingungen unserer kognitiven Wahrnehmung und fokussiert deren Filter, Schwellen und Grenzen, die bei biologischen Übertragungsmedien als sogenannte Transmitter (*2) im Verarbeitungsprozess auf neuronaler Ebene zum Einsatz kommen. Diese haben sowohl Einfluss auf unser Bewusstsein und unsere Realitätswahrnehmung als auch auf die Sprach-und Gestaltungssynthese, die als das Kommunikations- und Übertragungsmedium nach außen fungiert.

So erinnert Ihre aktuelle Gesamtinstallation im Ausstellungsraum an ein überdimensionales, synapsenartiges Gebilde (*2), das sich aus blasenartigen Glasgefäßen, Zeichnungen auf Papier und Wand, einer Schaum-projektion und ihren "Metallcutouts" aus schwarzem Aluminium (black wrap) zusammensetzt. Die plastischen Schnitte formen Schablonen unserer unbewußten Raster- und Filtersysteme, lassen aber dabei immaterielle Schattengebilde dieser Prozesse zu. Begleitet wird die gesamte Installation von einer Audioguideführung, die das Metronom der untersuchten Vorgänge bildet. Zu sensibilisieren, Sinne zu schärfen sowie gewohnte Verhaltensmuster in Frage zu stellen und der Kanonisierung von Denk- und Verhaltensweisen entgegen-zuwirken, ist ein Hauptanliegen der Künstlerin. Im energetischen Zwischenraum der Arbeiten kann der Besucher sich der Bedeutung von Bewusstseinsbildung und Realitätskonstruktion auf sinnliche Art und Weise nähern.

 

In den Übergangszonen, Randbereichen und Bruchstellen der vereinfachenden Konstruktionen virtuell dargestellter 3D Räume entdeckt Maja Rohwetter das Potential, um ihre Vorstellungen von einem aktuellen umfassenden Realitätsbegriff, der das Zusammenspiel von Virtualität und Realität thematisiert, mit den Mitteln der Malerei jeweils neu auszuloten. In der aktuellen Ausstellung zeigt die 3D- Animation „something somewhere“ eine Kamerafahrt in die Tiefen des malerischen Bildraums, der sich von kristallinen Flächen zur Tunnelfahrt durch Pinselspuren gestalten kann. Die Gemälde basieren auf visuellen Phänomenen in 3D Welten."Unter Bedingungen der neuen Medien und Computertechnologien hat das sprechende Sein, das man Mensch nennt, Abschied genommen von einer Welt, die durch Repräsentation geordnet war - und das heißt eben auch: Abschied genommen von einem Denken, das sich selbst als Repräsentanten der Außenwelt verstand. Die gadgets der Informationsgesellschaft sind das unhintergehbare historische Apriori unseres Weltverhaltens; Programme haben die sogenannten Naturbedingungen der Möglichkeit von Erfahrung ersetzt" (*2).

Maja Rohwetter macht uns auf beeindruckende Art und Weise bewusst, dass unsere Wahrnehmung und Wirklichkeit aus Brüchen besteht und wir uns auf mehreren Realitätsebenen zu orientieren haben, die zunehmend medial geprägt werden, wir aber, im Spiel mit der Wahlfreiheit der Dimensionen, selbst unsere Realität konstruieren (müssen). Indem sie mit den Mitteln des älteren Mediums Malerei die neu hinzukommenden Medienrealitäten hinterfragt, arbeitet Maja Rohwetter eher auf einen zentrifugalen unendlichen Fluchtpunkt innerhalb der "Blase" hin, während Harriet Groß` künstlerische Forschungsarbeit sich bezüglich des Begriffs "Blase" eher in einer Expansion und schaumartigen Verbindung sich verändernder Kapseln als Formbildung von Immateriellem nach Außen zeigt.

 

(*1) Peter Sloterdijk, "Sphären 1, Blasen", Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1998, Seite 332(*2) Norbert Boltz, "Chaos und Simulation", Wilhelmn Fink Verlag, München, Seite 130

 

© Marcus Kettel 2012

 

 

 

 

DILETTANTEN – FLEISCH, KNOCHEN, BLUT

von und mit Aleksandar Nesic und 
Schauspieler/Performancekünstler Jens Kraßnig

 


Eröffnung am Mittwoch, den 15. August 2012 um 19 Uhr

Finissage am Samstag, den 01. September 2012 um 19 Uhr

 

16. August 2012 – 01. September 2012

 

 

 

Wiedereröffnung der Galerie nach der Sommerpause mit einem einer Performance von Jens Kraßnig und Aleksandar Nesic.

zwischen dem 17. August und 01. September 2012 bleiben die Galerieräume der Galerie Axel Obiger von außen nur scheinbar verschlossen, denn die gesamte Galerie wird durchgehend 16 Tage und Nächte lang in eine Installation mit dem Titel "DILETTANTEN - Fleisch, Knochen, Blut" verwandelt.

 



Ausgehend von Textzeilen aus Antonin Artauds Werk "Schluss mit dem Gottesgericht. Das Theater der Grausamkeit: Letzte Schriften zum Theater" (*1) und inspiriert von dessen Idee eines Theaters des Mangels und der Krise, sind einige Textzeilen in Zusammenarbeit mit Alexandra Mahnke bearbeitet worden. Aleksandar Nesic (www.aleksnesic.info) und Alexandra Mahnke bilden zusammen das Künstlerduo "zenit & nadir" (www.zenitundnadir.de). 

 


In seiner aktuellen Installation provoziert Aleksandar Nesic beim Betrachter gerade zu den Wunsch, tiefere Einblicke in die Galerie zu erhaschen, denn durch das scheinbare textliche Verhüllen des eigentlichen Galerieraums, wird der Blick von der Strasse aus zuerst auf das gesamte Schaufenster als zweidimensionales Textpanorama gelenkt. Bei näherer Betrachtung und dem genaueren Hinsehen, wird die Textfläche jedoch aufgebrochen, denn man entdeckt durch ein kleines Guckloch noch ein Video in dem eine Performance von Jens Kräßnig und Aleksandar Nesic zu sehen ist. Jens Kräßnig, bekannter Schauspieler und Performer, wirkte u.a. bisher in Inszenierungen der Berliner Staatsoper, des Staatstheaters Wiesbaden, beim Jungen Theater Göttingen sowie in diversen Filmen von W. Wenders, U. Schüppel, G. Dankwart und A. Weida mit. Seit 2003 ist er der Kopf und die Stimme der theatralen und musikalischen Improvisationsgruppe "Band Deutscher Mädels".

 


Die Besucher der Galerie Axel Obiger werden bei der aktuellen Ausstellung somit einen imaginären Galerieraum hinter der abgedeckten Schaufensterfront vorfinden, wobei der Monitor darin so platziert ist, dass er durch das Guckloch betrachtet als neuer Raum im Raum wahrgenommen werden kann. Es findet sozusagen eine medial-gestaffelte Verschiebung und Verdopplung statt. 
Dabei offenbart der Blick in den Innenraum der Galerie auch die Ambivalenz des Begriffs des "Dilettanten", denn Antonin Artaud, auf dessen Leben sich das gezeigte Video bezieht, verkörpert für Aleksandar Nesic einen "genialen Dilettanten", einen Idealisten im positiven Sinne, der jedoch durch gesellschaftliche Repressionen seiner Zeit nahezu scheiterte.


Im Gegensatz dazu, steht der gesamte Außenraum der Brunnenstrasse mit seinen extrem heterogenen und vielfältigen Waren- und Dienstleistungsangeboten für Aleksandar Nesic stellvertretend für ein Gesellschaftssystem "eines schönen Scheins", das oberflächliche Verhaltensweisen belohnt und nach seiner Ansicht mengenweise "negativen Dilettantismus" befördert, der durch die Massenmedien eben noch verstärkt wird.


 

Für Aleksandar Nesic bestimmt also nicht primär das Können und das Sein die Orientierung und das kollektive Bewusstsein unserer heutigen Zeit, sondern vermehrt nur noch "das Wollen" und "das So-Tun-Als-Ob": in den Massenmedien bei Sendeformaten wie "Big Brother" und "Deutschland sucht den Superstar" ebenso, wie in der Politik und "auf dem gesellschaftlichen Parkett der großen Arena aller Eitelkeiten".

Auszug aus dem Pressetext © Marcus Kettel

 


(*1) Antonin Artaud. Schluss mit dem Gottesgericht. Das Theater der Grausamkeit: Letzte Schriften zum Theater. Verlag Matthes und Seitz, 1.1.1980.

 

 

 

 

SATELLIT #3 "PREVIEW BOMB GALLERY"

mit Arbeiten von:

 

Fabio Giorgio Alberti · Nathan Gwynne · Anita Kapraljevic · Josip Mijic · Stjepan Milos · Cristina Rodrigo · Friederike Ruff

 

Eröffnung der Ausstellung, Freitag, den 13. Juli 2012 um 19 Uhr

Am 27. Juli 2012 um 20 Uhr Vortrag von Samuel Burke zum Thema: "Mostar: Architectural Symbolism & Urban Destruction" mit anschließenden Künstlergespräch.

 

14. Juli 2012 – 11. August 2012

 

 

 

In der aktuellen Ausstellung der Galerie Axel Obiger mit dem Titel „Preview Bomb Gallery“ stellt ein internationales Künstlerteam die Idee eines unabhängigen Kunstraums vor, der real im Sommer 2013 in einer Kriegsruine im Zentrum von Mostar (Bosnien-Herzegovina) installiert werden soll. Die erstmalige Präsentation dieser Idee Brücken auf mehreren Ebenen zu bauen, wird in der Galerie Axel Obiger durch gemeinschaftliche Raum-, Wand- und Videoinstallationen zum übergeordneten Thema der Völkerverständigung und des internationalen künstlerischen Austauschs von Fabio Giorgio Alberti, Nathan Gwynne, Anita Kapraljevic, Josip Mijic, Stjepan Milos, Cristina Rodrigo und Friederike Ruff veranschaulicht.

Alle gezeigten Arbeiten werden sich auf assoziative Art und Weise mit dem Trauma des jugoslawischen Bürgerkriegs und dessen bis heute deutlich sichtbaren Spuren beschäftigen. Die künstlerischen Arbeiten werden somit sowohl mit realen, kriegspolitischen Fakten, als auch mit der Geschichte der Stadt in ein Spannungsverhältnis gesetzt.

 


Mit diesem Ausstellungskonzept werden also auf zweierlei Ebenen sowohl räumliche als auch zeitliche Brücken gespannt: einerseits also in der zeitlichen Dimension die Vorab-Präsentation der Idee ein Jahr im Voraus in Berlin und andererseits in der räumlichen Dimension durch die Verbindung des wiedervereinigten Berlins mit der Stadt Mostar in Bosnien-Herzegowina.


Deren Symbol, die in ihrer architektonischen Konstruktion einzigartigen Brücke "Stari Most", wurde im Jahr 2004 nach dem Ende des jugoslawischen Bürgerkrieges, in Anlehnung an das Original wieder aufgebaut. Das Bauwerk wurde nicht nur aus diesem Grunde 2005 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen, sondern fungiert auf metaphorischer Ebene auch als Symbol der Versöhnung und internationalen Zusammenarbeit. Zusätzlich soll es ebenso symbolisch für das verbindende Zusammenleben von verschiedenen religiösen, kulturellen und ethnischen Gemeinden stehen.

 

Bomb Gallery setzt sich geographisch und konzeptuell deutlich von existierenden Privatgalerien, kommerziellen Kunstmessen, Institutionen und Museen ab. Wir streben an, einen freien künstlerischen Raum voranzubringen, in dem wir leben, produzieren und mit einer Auswahl von Künstlern aus aller Welt zusammenarbeiten. Dazu wollen wir junge, aufstrebende Künstler aus allen Bereichen mit kontroversen, ungewöhnlichen Ansätzen hinzuziehen. - Damit könnte Bomb Gallery als Vorbild für weitere experimentelle Galerien zugrunde gelegt werden und sich damit als Modell kultureller Erneuerung in Städten überall auf der Welt fortsetzen…".

 

July 28th, 7 pm, Video, Ohne Titel (Vergewaltigung als Kriegswaffe) / Untitled (Rape as a weapon of war), Anette C. Halm

August 4th, 8 pm, Performance, Pornografierte isländische Zwiegesänge, Paul Kramer Radios & Elektronik & Izzet Yücetas Flöte & Elektronik 

August 10th, 8 pm Finissage
Performance: Angela Richter and Yuri Englert 
Performance : Joulia Strauss
Concert: Yule FM

 

aus dem Pressetext © Marcus Kettel

 

 

 

 

RETHINKING MATERIAL

Gabriele Künne und Sebastian Russek

 

Eröffnung am Freitag, den 08. Juni 2012 um 19 Uhr

Künstlergespräch Samstag, den 30. Juni um 18 Uhr

 

09. Juni 2012 – 07. Juli 2012

 

 

 

In der Ausstellung "REthinking Material" geht es den beiden Künstlern um das Ausloten von Materialeigenschaften als Grundlage künstlerischer Arbeit an sich. Dabei bewegt sich der Begriff "Material" bei Gabriele Künne mit ihrer Acrylglas-Holzinstallation im dreidimensionalen innenarchitektonischen Raum, wohingegen er bei Sebastian Russek die Kombination von chinesischer Kulturtechnik und heutiger Zeit im zweidimensionalen Raum mit den Mitteln der Tuschzeichnung auf Papier thematisiert.



 

Beiden Künstlern setzten sich intensiv mit dem jeweils verwendeten Material auseinander, das die Möglichkeiten vorgibt, eröffnet, aber auch einschränkt. Gabriele Künne und Sebastian Russek treten im Laufe des Schaffensprozesses gerade zu in einen partnerschaftlichen Dialog mit den eingesetzten Materialien ein und lassen die spezifischen Eigenheiten der jeweilige Materialität sozusagen zur Sprache kommen. Es geht also in dieser Ausstellung sowohl um Material das "vor- und mitdenkt", als auch allgemein um das Nach-, Um- und Neudenken in der Verwendung und Kombination von bestimmten Materialien als künstlerische Mittel an sich.



 

Im Zentrum beider künstlerischer Positionen steht also auch die Untersuchung der Verbindungskräfte unter den verwendeten Materialien und Zeichen. Dabei spielen sowohl die Kontaktfähigkeiten, als auch die Schnitt- und Bruchstellen in der Kombination des Gesamtarrangements eine entscheidende Rolle: Material und Zeichen münden ineinander, lehnen sich an, brechen sich und hält sich gegenseitig auf. Die Ausgangsmaterialien eröffnet also zu Beginn sämtliche Möglichkeiten des Zusammenspiels, setzt aber im Laufe des Produktionsprozesses Grenzen und lässt den Künstler letztendlich nur das wirklich Machbare realisieren und vergegenwärtigen.



 

Beide Künstler forschen wie in "einer subtilen Wissenschaft der Abstraktion" nach dem unsichtbaren Gesamtzu-sammenhang der Formen bzw. nach der geheimnisvollen Verbindungkraft der Materialien untereinander und eröffnen durch ihre spezielle Kombinatorik in ihren Arbeiten, einen neuen Denkraum für uns.

 

© Marcus Kettel, Auszug aus dem Pressetext

 

 

 

 

HALTUNG-KINESIK-KONTEXT

Vadim Schäffler und Gabriele Worgitzki

 

Eröffnung am Freitag, den 4. Mai 2012 um 19 Uhr

Vortrag von Valentin Rauer am 1. Juni um 19 Uhr

 

05. Mai 2012 – 02. Juni 2012 

 

 

 

„Haltung zeigen“ Gestik zwischen Öffentlichkeit und Offenbarung

"Haltung - Kinesik - Kontext" oder Die Sprachen der Körperhaltung



 

Um die Sprachen des sich bewegenden und positionierenden Körpers in Raum und Zeit geht es in der Ausstellung von Vadim Schäffler und Gabriele Worgitzki. 



 

Zu sehen sind Arbeiten, die unbewusste menschliche Körperhaltungen erforschen. Dabei ist für beide Künstler weder die physiognomische Untersuchung oder das Personenportrait relevant, sondern einzig und allein die Gestalt und Geste, die sich für eine Person oder Personengruppe fast zwangsläufig aus einer bestimmten Situation entwickelt, die aber im allgemeinen Strudel des modernen Zusammenlebens allzu oft nahezu unbeachtet bleibt.

 



Beide Künstler nähern sich dem Ausstellungsthema "Haltung - Kinesik - Kontext" jedoch durch ganz unterschiedliche künstlerische Mittel:


Gabriele Worgitzkis einfühlsame Tuschearbeiten aus der Serie „begehbare Räume“ bewegen sich auf einer subjektiven Ebene. Sie transformiert ihre forschende Ausgangsbeobachtung der fotografierten Passanten im öffentlichen Raum, in eine minimalisierte, fast freskenartige Wandmalerei. Alle für sie irrelevanten Informationen, die auf den Ausgangsfotos vorhanden sind, werden dabei weggelassen. So schafft sie es, innerhalb der Flüchtigkeit des pulsierenden Lebensstroms, durch die Reduktion, der Essenz der gestischen Haltung die optimale Gestalt zu verleihen. Dabei ist für sie von besonderem Interesse, wie sich die Figuren im Zeitstrom der Bewegung mit dem Raum verbinden und welche Reflexionen aus dieser Betrachtung entstehen können. Um dies zu verdeutlichen sei an dieser Stelle der Philosoph Gilles Deleuze zitiert: "Der Körper ist Sprache, weil er im tiefsten Grunde "Flexion" ist. In der Reflexion ist die körperliche Flexion gleichsam verdoppelt, geteilt, sich gegenübergestellt, auf sich reflektiert; sie erscheint schließlich für sich, befreit von allem, was sie gewöhnlich verbirgt" (*).

 


Ganz anders nähert sich Vadim Schäffler dem Phänomen der situativen Körperdynamik. 
„LOOK!“, „Fliegenfänger und Handmalerei“ und „Wartende mit schnellem Strich“ sind Arbeiten einer Werkgruppe. In diesen setzt Vadim Schäffler digital generierte Figuren räumlich in Szene. Die Räume, immer aus der Luftperspektive zu sehen, sind meist leer, der Untergrund eine Art haptischer Resonanzboden. Die Figuren sind standardisiert, uniform und aus einem Computerprogramm generiert. In der Programmierung, im „Maschinenraum des Menschenbildgenerators“ sind Wertigkeiten und Konditionierungen westlicher Medienfiguren (jugendlich sportliche Erscheinung, weiße Hautfarbe) angelegt. 


Es ist die Uniformität der Medienbilder, die Vadim Schäffler interessiert. Indem er den Figuren Farbe und Haare nimmt, beide Accessoires von Individualität, intensiviert er die mediale Gleichförmigkeit. Anhand der kühlen, technisch geglätteten Form menschlicher Erscheinungen arbeitet er Szenarien aus, die an Filmszenen erinnern. Totale Einstellungen, die einen Überblick geben, die das Setting für Geschichten setzen. Geschichten, die die Kommunikation unter Menschen thematisieren. Nonverbale Kommunikation, Körperhaltungen und Blickrichtungen bilden dabei die Grammatik der Erzählung.

Vadim Schäffler fängt Erzählungen an, bricht Fragmente aus Geschichten heraus oder zeigt nur deren Ende. Es sind Momente des Wartens, des Kämpfens, des Beobachtens, der inneren Unruhe. In den neueren Digitalarbeiten arbeitet er in seine Bilder Kritzeleien ein, naive Zeichnungen und expressiv malerische Gesten. Mal verwebt er diese mit der Erzählung, mal macht er die Kritzeleien selbst zu deren Gegenstand. Das Spannungsfeld des kalten Computerrenderings mit der Haptik der naiven Zeichnung ist für Vadim Schäffler eine neue Subebene, die sich immer weiter ausbildet und mehr Gewicht einnimmt. 

Bei Gabriele Worgitzkis Arbeite stehen die sich auf Gesichtshöhe befindenden farbigen Querstreifen und Farbspritzer nicht nur als Verschleierung der anonymisierten Umgebung, sondern sollen aus subjektiver Perspektive der Künstlerin auch als Kommunikationslinien dienen, welche die Person mit dem Raum verbindet. In Ihren drei figürlichen Tuschzeichnungen (jeweils ohne Titel) ist auf der rechten Wandseite eine Geste eines erschrocken wirkenden Mannes zu sehen, der von einem ockergelb-orangerotem Schweif umgeben ist, auf der schräg gegenüberliegenden Wand, ist eine nachdenklich wirkenden Frau dargestellt, die eine Hand an ihr Ohr legt, umgeben von einem blauen Querstreifen. Auf der hinteren Wand sind die zwei dahinschwindenden Männer des Einladungskartenmotivs zu entdecken. In ihrer gestischen Körperhaltung fällt die Ähnlichkeit der Physiognomie und Armhaltung auf, wodurch man evtl. darauf schließen könnte, dass sie vielleicht bewusst das selbe Ziel vor Augen haben. 
Somit wäre die unbewusste Körperhaltung durch die "Sprache des Bewusstseins" gesteuert. Es erreicht uns also eine tiefergehende Erkenntnis vom Ursprung der körperlichen Haltungseinnahme, denn die Sprache des Bewusstseins gibt uns Halt und bestimmt zumeist unsere Haltung. In einer vierten Arbeit in Form einer Collage (Fotografie und Zeichnung) verdeutlicht Gabriele Worgitzki eindrucksvoll den Zusammenhang zwischen erlebten Sehen, technischem Bild und prozesshafter zeichnerischer Entwicklung der gestischen Essenz.

Die Ausstellung erzeugt somit ein Feld unterschiedlicher Sprachen von Körperhaltungen, wobei einerseits die Sprache der eigenen persönlichen Haltung thematisiert, andererseits aber auch der Facettenreichtum unterschiedlicher Körpersprachen in Raum und Zeit veranschaulicht wird.

(* Gilles Deleuze: Pierre Klossowski oder Die Sprache des Körpers / Pierre Klossowski ou les Corps Langages. In: Critique, März 1965. Übersetzt von Sigrid v. Massenbach.)


 

© Marcus Kettel 2012

 

 

 

 

FAMILIENAUSSTELLUNG · MURDER KID ART EVENT

Oliver Möst und Susanne Ring

 

Eröffnung am Freitag, den 30. März 2012 um 19 Uh

Künstlergespräch am Freitag, den 27. April 2012 um 19 Uhr

 

31. März 2012 – 28. April 2012

 

 

 

Die Unschärfe des Familienbegriffs

In der mit "Familienausstellung - murder kid art event" betitelten Ausstellung sind vom Ehepaar Susanne Ring und Oliver Möst Installationen und Fotoarbeiten zu Aspekten des tradierten Familienbegriffs zu entdecken, entschlüsseln und reflektieren. Dabei gibt uns der Untertitel der Ausstellung "murder kid art event" in seiner Unschärfe Rätsel auf. 


 

Als Anagramm lässt sich daraus die gewohnte und begrifflich zugehörige Zeichenkette "Vater, Mutter, Kinder" kombinieren.
Laut Meyers Lexikon ist die Familie eine sozialen Gruppe, die aus den in engem Eheverhältnis lebenden Eltern und ihren Kindern besteht. Aber auf was will uns das Anagramm hinweisen?


 

Es verschlüsselt zuerst genauso den gewohnten Sinnzusammenhang, wie es die Fotografien von Oliver Möst und die Installationen von Susanne Ring mit unserem gewohnten Vorstellungsbild tun. Nach dem Sprachforscher Ferdinand de Saussure bezeichnet das Signifikat in der strukturalistischen Linguistik das Bezeichnete, d.h. das gewohnte Vorstellungsbild. Die Zeichenketten (der Signifikant), hier sei als Beispiel der Titel "Äpfel" des Diptychons von Oliver Mösts Fotoarbeit erwähnt, das sich an der linken Wandseite des Eingangsbereiches befindet. In für das gewohnte Sehen unscharfer Aufnahme, sind darin eine "Frühlingswiese" gespickt mit herabgefallenen Äpfeln, sowie ein Schatten eines Baumstammes zu erahnen. Mit dieser Unsicherheit in der Eindeutigkeit spielt Oliver Möst, der uns aber auch auf einer ganz persönlichen Ebene auf seine Sehschwäche (Astigmatismus mit 6 Dioptrien) hinweist.

 

Zu der oben beschriebenen, eher strukturell angelegten, objektiven Unschärfe des Familienbegriffs kommt also noch eine subjektive Unschärfe der persönlichen Wahrnehmung dazu: Oliver Möst setzt somit der Welt hier seine eigene Brille auf.

 


Im Gegensatz dazu liegt der zentralen Fotoarbeit (Motiv der Einladungskarte) an der hinteren Wand ein von Oliver Möst gefundenes Foto aus einem fremden unbekannten Fotoalbum von 1923 zu Grunde, das er bei einem Flohmarktbesuch entdeckte. In diesem Foto fällt die ungewöhnliche Perspektive der Aufnahme von hinten auf: Eine Szene, in der die Mutter mit ihrer Tochter auf einem Weg im Park von dannen zieht. Wo waren die beiden? Waren sie auf einem Familienfest? Wohin gehen sie? Was war der Anlass für dieses ungewohnte Foto ? Diese und weitere Fragen drängen sich geradezu auf, wobei das typische Merkmal für diese Zeit, der fotografierende Mann, niemals auf familiären Aufnahmen sichtbar ist, was das damalige mediale Rollenverhältnis von Mann und Frau, vor allem in Bezug zur Technik, unterstreicht. Oliver Möst hat dieses kleinformatige Foto auf 36 Teile reproduziert und diese auf die Wand mit Klebestreifen angebracht, wobei die Wahrscheinlichkeit der prozessualen Ablösung einzelner Blätter im Laufe der Ausstellungslaufzeit durchaus beabsichtigt ist.


Seine Fotografien bieten also nicht so sehr eine eindeutigen Lesart an, sondern können sich am Erkenntnishorizont kreisend und immer wieder beständig erneuern.

 

Wurden in Oliver Möst Fotoarbeiten, hauptsächlich Normen des Familienbegriffs untersucht, geht es in seiner Rauminstallation unweit des Eingangs um das zentrale Moment der Bindung, die Kommunikation in der Familie. Susanne Ring arbeitet vorwiegend mit Keramik, dem ältesten Handwerk und Material im Gestaltungsbereich mit einer Jahrtausende alten Geschichte, sowie ergänzend des öfteren mit Farbe, Holz, Knete, Stein, Filz und Fotografie. Ihre figurativen Arrangements wirken wie Momentaufnahmen einer gestörten Kommunikation, wobei Gefühle des Zweifels bzw. das nicht Gesagte, nicht Funktionierende und oft unbewusst Störende dem Phänotyp der Figuren letztendlich im plastischen Entstehungsprozess seine amorphe Gestalt verleiht.

 

Die monströsen, deformierten und archaisch wirkenden Figuren stehen in Susanne Rings installativen Begegnungsstätten stellvertretend für die Ambivalenz und Absurdität der Kommunikation in Beziehungen. "Die Wahrnehmung von Beziehungen und ihren mannigfaltigen Spielformen und Dynamiken ist dabei selbst höchst subjektiv", um hier kurz Jacqueline Maltzahn-Redling aus dem Katalog "Freaks of Nature" der Retrospektive-Ausstellung im Badischen Landesmuseum Karlsruhe zu zitieren.

 

Susanne Rings und Oliver Mösts Arbeiten zum Titel Familienausstellung fordern uns in wunderbarer sinnlicher Art und Weise gerade zu zur Reflexion, Stellungnahme und Scharfstellung unseres eigenen Begriffs von Familie heraus.

 

Auszug Pressetext © Marcus Kettel

 

 

 

 

SATELLIT # 2- GROGGY

mit Arbeiten von:

 

Ralf Bittner · Martin Eberle · Wolfram Hahn · Vadim Schaeffler · Karen Stuke

 

Eröffnung am Freitag, den 17. Februar 2012 um 19 Uhr

Vortrag am 23. März um 19 Uhr von Jochen Adam, Philosoph

„Sind wir nicht alle irgendwie müde?“ Müdigkeit als moralischer Defekt

 

Ausstellungsdauer: Samstag den 18.03. – Samstag den 24.03.2012

 

 

 

Derzeit vollzieht sich unbemerkt ein Paradigmenwechsel. Die Gesellschaft der Negativität weicht einer Gesellschaft, die von einem Übermaß an Positivität beherrscht ist. Neuronale Erkrankungen wie Depression, Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, Borderline oder Burnout gehören zu unserer modernen Gesellschaft. Die Ausstellung „Müdigkeit“ gibt dieser Veränderung, welche sich in uns vollzieht, mit vorwiegend fotografischen Ansätzen neue Sichtweisen. Äußere Anzeichen, der physischen Erschöpfung, („Sleeping sister“, Karen Stuke) der Übermüdung nach dem Klub („after show“, Martin Eberle), der Überreitzheit duch Medien („disenchanted Playroom“, Wolfram Hahn), Dialog mit sich selbst im inneren Rückzug („extension“, Vadim Schaeffler) und rätselhaft verschlossene Stadtansichen bei Nacht („Widukindsland“, Ralf Bittner) flechten uns in ein Netz von Wirklichkeit.