Nirgendwo hier
Harriet Groß und Simone Lanzenstiel

Eröffnung am 25. November 2016 um 19 Uhr

26. November 2016 – 17. Dezember 2016

Soundscapes: Tom Früchtl und Catherine Lorent
am Samstag 10. Dezember 2016 um 19 Uhr

 

Nirgendwo hier

Nirgendwo hier – dieses Paradox beschreibt sehr treffend die Arbeit von Harriet Groß und Simone Lanzenstiel. Der Begriff Nirgendwo verneint eine Ortsbestimmung. Beide Künstlerinnen verweigern sich dem der Malerei und Zeichnung kunsthistorisch vorbestimmten Ort des Papier- oder Leinwandformats mit seinen Formatgrenzen. Die Arbeiten illusionieren auch keinen fiktiven Ort. Der in ihren Arbeiten erschaffene Raum ist sehr schwer greifbar, traumartig, fast allgemeingültig.

Beide haben aber als Untergrund, als Bildträger, den konkreten vorgefundenen Raum gewählt

– das Hier.
Damit werden einige grundlegende Mechanismen der Bildproduktion ausgehebelt: Innerhalb der gewohnten Bildträger ist die Setzung von Farbe, Linie, Material „ja“ oder „Etwas“, der Untergrund ist „nein“ oder „Nichts“, auch wenn er als Negativraum eine eigene Qualität gewinnt. Im Unterschied zum Weiß der leeren Leinwand oder des leeren Blattes ist der Ausstellungsraum tatsächlich da, auch ohne die Setzung der Künstlerinnen.
Er leistet Widerstand mit Vorsprüngen, Ecken, Steckdosen, Leitungsrohren. Aus dem "nein" wird oft ein "aber", aus dem "ja" der künstlerischen Setzungen ein "trotzdem", ein "vielleicht", eventuell eine Frage.
Den Ausstellungsraum mit seinen eigenen Qualitäten nutzen beide Künstlerinnen als Spielfeld, als Untergrund für das Schaffen einer neuen eigenen bildräumlichen Realität.

Die Malerin Simone Lanzenstiel erweitert den Bildraum über die Formatgrenzen hinaus. Sie entwickelt im Raum eine Bildlandschaft aus dreidimensionalen Analogien zu "Malerei als Vorgang des Farbe Auftragens": Sprayspuren und Lasuren setzen sich auf in den Raum gehängten Folien fort, Linien auf angelehnten Latten. Die Gemälde auf Leinwand erscheinen in der Installation als Ausschnitte. Die Verwendung der Formkategorie "Spur" oder „Geste“ erzeugt den Eindruck von Flüchtigkeit. Alle Bildelemente sind Spuren von Handlungen: Sprühen, Abkleben, Markieren. Diese Handlungen wurden aber, im Unterschied zum üblichen Kontext, in dem man sonst solche Spuren findet, wie Bau- und Renovierungsarbeiten, scheinbar ziellos ausgeführt: Das, was markiert, besprüht, lackiert wurde, ist nicht sichtbar und war auch nicht Ziel.Durch die unprätentiösen Alltagsmaterialien wie Plastik-folie,Vliesstoff, Holzlatten und Klebebänder sowie durch die helle Farbigkeit, durch Transparenz und Tiefenlicht wirken ihre Bildinstallationen seltsam ephemer, zerbrechlich und zugleich souverän.

Die Arbeit von Simone Lanzenstiel besticht durch die Ambivalenz von Leichtigkeit und gezielter Konstruktion. Die Spontaneität ist teilweise Illusion: Die Installation besteht nämlich nicht ausschließlich aus Spuren des Farbe Auftragens, sondern auch aus der malerischen Darstellung dieser Spuren. Diese Illusion wird so sensibel ausgeführt, das sie in der Gesamtinstallation lediglich als bewusst Gewolltes innerhalb einer scheinbaren Ziellosigkeit spürbar ist. Damit fängt die Arbeit ein sehr spezielles Lebensgefühl ein und erzeugt (zumindest bei mir) ein starkes Sehnsuchtsmoment.

Harriet Groß verzichtet in ihrer Arbeit bewusst auf Farbe. Die aktive Konstruktion des Raumbildes durch den Betrachter ist ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit: Durch die Erweiterung der Zeichnung in den Raum hinein mit Stangen, Leisten und Schnüren holt sie die Zeichnung aus dem Illusionismus einer Räumlichkeit mit einer zentralen Betrachterperspektive heraus und fordert den Betrachter auf, selbst neue Blickwinkel zu finden und sich seine Bildwelt selbst zu schaffen. Das strenge Schwarz/Weiß ist nicht nur Konzentration und Beschränkung, sondern auch ein Angebot an den Betrachter, selbst die Raumzeichnung mit Farbe zu füllen und sich eigenen Erinnerungen zu nähern. Harriet Groß schreibt dem Raum Möglichkeitsformen von Räumlichkeit ein. In Tape, schwarzer Metallfolie, Eisenstangen, Jalousien, Schnüren und Gewebeschläuchen – Materialien, die durch ihre Schwärze selbst wenig räumlich wirken und deren Materialität in der Raumzeichnung als unterschiedlicher Liniencharakter wahrnehmbar ist. Ihre Materialien sind sehr gut kontrollierbar, jede Setzung wäre rückgängig zu machen. Jedes Ablösen der Linie vom Untergrund der Wand, jedes freie Hängen im Raum ist also eine bewusste Entscheidung.

 

Durch die Verortung der Raumzeichnung im Hier, im realen Ort mit seinen wechselnden Lichtbedingungen und Betrachterstandpunkten, kommt der Schatten als nicht ganz kontrollierbare Ebene der Zeichnung ins Spiel, die einen wesentlichen Aspekt betont: Die Intensität der Zeichnung von Harriet Groß entsteht in der Spannung zwischen der Position der Linie im realen Raum und der Position derselben Linie im gedachten Raum.

Die Künstlerin hat lange Zeit mit Cutouts gearbeitet, auch in den neuen Rauminstallationen schneidet sie mit schwarzen Linien in den Raum hinein. Die entstehenden Schnitte und Fugen zeugen von den unterschiedlichen Ausdehnungen und Oberflächenspannungen des leeren weißen Raums. Es sind Schnittstellen, an denen Informationen fließen könnten. Oder Netze, in denen die Erinnerung an einen Raum hängenbleibt. Die Bedingungen unserer kognitiven Wahrnehmung und deren Filter, Mechanismen der Realitätswahrnehmung und der Gestaltsynthese sind Themen, die in der Arbeit von Harriet Groß immer wieder auftauchen. Wie in einer musikalischen Fuge nehmen in ihrer Installation lineare Denk-

figuren auf verschiedenen Ebenen ineinander verschachtelt und spürbar konstruiert aufeinander Bezug.

Der Zeitfaktor ist für beide künstlerischen Positionen bestimmend: Die Arbeiten entstehen vor Ort, unter Zeitdruck und sind auch nur für eine begrenzte Zeit vorhanden. Entscheidungen müssen schneller und konsequenter gefällt werden als in einem Gemälde oder einer Zeichnung. Zeit und Raum sind mit-

einander verquickt. Das gleichzeitige Erfassen des Ganzen ist kaum möglich, wie in einem Musikstück wird erst über die Zeitdauer das Werk wahrnehmbar.

In der Ähnlichkeit ihres Arbeitsansatzes haben beide Werke einen sehr unterschiedlichen Sound: Das Konstruktive und Spröde, fast Trotzige in Harriet Groß`s Raumzeichnung und das traumartige Flüssige von Simone Lanzenstiels Malerei-Installationen lassen den Betrachter neue Bildräume durchwandern, die eigene Wahrnehmung kontemplativ beobachten und dem Raumklang lauschen.

Maja Rohwetter 2016

 

Ausstellungsarchiv_Nirgendwo hier Dezember 2016
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Skala

Nana Kreft und Abe Rechterschot


Eröffnung am Freitag, den 28. Oktober 2016 um 19 Uhr
Künstlergespräch am Samstag, den 19. November 2016 um 16 Uhr


29. Oktober 2016 – 19. November 2016

 

 

 

Skala

An die Wand gelehnte Holzkonstruktionen, Versuchsanordnungen auf Tischen, auf einzelne Aspekte und Oberflächen reduzierte Zeichnungen: Den Arbeiten von Nana Kreft haftet oft etwas Provisorisches an. Doch genau dieser Eindruck ist gewollt. Nana Kreft interessiert sich für die Momente, in dem die Dinge und Bedeutungen schweben, weil sie nicht eindeutig einordbar sind; Assoziation ermöglichen, die im nächsten Moment wieder brüchig werden. Die Künstlerin provoziert damit ein ständiges Abwägen möglicher Verortungen und Bedeutungsebenen. Doch rutscht sie dabei nie ins ganz Abstrakte und bewahrt so den Betrachter vorm Haltloswerden.
Wiederkehrendes Thema sind Architekturen und Oberflächen. Diese hält sie mit Fotografie oder Zeichnung fest oder stellt eigene Konstruktionen zusammen, in die sie zum Teil die Zeichnungen und Fotografien einarbeitet. Es entstehen dreidimensionale Raumcollagen, die oftmals in Bezug zu dem Raum stehen, in dem sie gezeigt werden - weil sie einzelne Elemente und Materialien aufgreifen oder den Blick für bestimmte Aspekte des Raumes sensibilisieren.
(aus einem Text von Anna-Lena Wenzel)

Abe Rechterschot beschäftigt sich mit Abbildungen aus Werbung und Alltagskultur. Banale Gegenstände löst er aus ihrem Kontext, stellt sie in einen neuen Zusammenhang und zeigt so unerwartete Verbindungen auf. Durch Vergrößerungen oder ungewöhnliche Ausschnitte verfremdet er das Triviale, verwandelt Alltagsgegenstände in Ikonen. Gleichzeitig setzt er durch einen scheinbar respektlosen Umgang mit Traditionen der Kunstpräsentation Wertvolles herab. - Stapel von Fotos scheinen achtlos auf einen Mauervorsprung geworfen, dazwischen stehen leere Bierflaschen, auf dem Boden liegt ein großformatiger Druck, dessen Ecken sich wellen, durch ein anderes Foto ist eine Schraube geschraubt, um eine Art Regal an der Wand zu befestigen ((///\\\), Antwerpen, 2010 und Untitled, Brüssel, 2011). Doch ist bei aller scheinbaren Achtlosigkeit kein Detail bedeutungslos. Es findet eine ständige Umkehrung und Wiederumkehrung von Wertlosem und Kostbarem statt.
Abe Rechterschots Arbeiten reflektieren Formen der Präsentation von Objekten in Kunst und Alltagskultur. In seinen aktuelleren Arbeiten löst sich die Präsentation vom präsentierten Objekt und wird selbst zum Motiv der Arbeit.

 

Ausstellungsarchiv Skala 11_2016
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thread

Isabel Kerkermeier und Maja Rohwetter


Eröffnung am Freitag, den 30. September 2016 um 19 Uhr


01. Oktober 2016 – 23. Oktober 2016

 

 

 

thread


In der Informatik ist der Thread Teil eines Prozesses, ein Ausführungsstrang oder eine Ausführungsreihenfolge in der Abarbeitung eines Programms. Im Zusammenhang des Internets bezeichnet der Begriff eine hierarchische Abfolge von Online-Diskussionsbeiträgen. 
Ein Thread beginnt hier mit einem Anfangspost, auf den geantwortet werden kann. Kommen die Forumsteilnehmer dabei auf neue Themen, ändert der Thread seine inhaltliche Richtung und ist z.B. für Suchbegriffe nicht mehr nachvollziehbar.


Was in Foren als sogenanntes „Kapern“ eines Threads gegen die Nettiquette verstößt, ist in der künstlerischen Arbeit von Isabel Kerkermeier und Maja Rohwetter Prinzip.

“In den Zusammenhängen der unmittelbaren Wahrnehmung sind Leitfäden enthalten, die uns fortführen von Wahrnehmung zu Wahrnehmung, von einer ersten Umgebung zu immer neuen Umgebungen, und dabei trifft der wahrnehmende Blick die Dinge in der Ordnung der Räumlichkeit.” (E. Husserl)


Beide Künstlerinnen stellen Formelemente collagenhaft immer wieder in neue Zusammenhänge, kommentieren, zitieren, verfremden. In der Ausstellung bei Axel Obiger werden neue Bezüge sichtbar, sie wird zum Forum, in dem die Künstlerinnen Bildfragen visuell diskutieren.

 

Ausstellungsarchiv: Thread Oktober 2016
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Beiläufige Mühen und verkommene Uhrmacher

Katrin Hoffert und Jakob Roepke


Eröffnung am Freitag, den 02. September 2016 um 19 Uhr

Finissage am Freitag den 23. September 2016, 19 – 22 Uhr


03. September 2016 – 24. September 2016

 

 

 

Katrin Hoffert
Ja, ich habe in fremden Gärten gewildert und seit Anfang dieses Jahres mit wunderschönen farbigen Tuschen gearbeitet. Ein Instrument, das quasi automatisch einen an Illustration oder Comic erinnernden Sound erzeugt, auf den man von der “Hochkunst“ aus manchmal als zu kunsthandwerklich herabblickt.
Nach einem Jahr hatte ich vorläufig genug von Papiercollagen und wieder Lust eine für mich neue Technik zu erproben, die erfrischende Möglichkeiten zwischen Zeichnung und Malerei eröffnet. In den neuen Blätter läuft das Collage-Prinzip aber weiter. Man kann im Grunde die ganze „Serie“ als Collage, aus einzelnen z.T. Icon-artigen Fragmenten oder Modulen betrachten. Ich fand die Idee reizvoll Fotos - oft absurd-doof-brutal - aus unterschiedlichen Zusammenhängen und Quellen, in diesem anderen, Bilderbuch-haften Aggregatzustand zusammen zu bringen, der auf den ersten Blick ganz lieb daherkommt und dem Betrachter locker-flockig die Tür aufmacht.


Dahinter sitzt ein offener, individueller Assoziationsraum und der Blick aus dieser comicartigen Dimension auf denverwirrenden, bizarr-banalen Irrsinn der Realwelt. Jeder wird das anders wahrnehmen, mit seiner eigenen Bildwelt abgleichen und irgendwo vielleicht auf sich selbst treffen – oder direkt an der Oberfläche abgleiten. Das zu steuern liegt nicht in meiner Macht, aber das wäre schon interessant zu wissen. Das rätselhafte, unharmonische Dreieck Natur-Mensch-Technik ist dabei das unerschöpfliche Spielfeld; das, was man auch als Metathema in meiner Arbeit bezeichnen kann.

Ich umkreise das mit verschiedenen künstlerischen Mitteln, denn mir wird schnell langweilig.
Die Vorlagen sind wieder hauptsächlich aufgelesene Versatzstücke, z.T. offensichtlich aus der Presse, aber auch anderen Quellen, derer ich mich durch das Zeichnen bemächtige und in einem Topf zu einer seltsamen kaleidoskopischen Suppe verkoche. Zusammengeklaubte, polyreferentielle Fragmente, die oft in mehrere Richtungen lesbar sind: Eine krumme Gurke mag den einen an EU -Normen erinnern, einen anderen an etwas anderes. Ebenso ein roter Knopf, der gleich gedrückt werden könnte.

In Kombination mit anderen Blättern aus der Arbeit entstehen bei jedem Betrachter unterschiedliche Assoziations-Ketten und zum Scheitern verurteilte Sinnsuchen, die vielleicht einen leichten Nachgeschmack von Dummheit und Gewalt hinterlassen.


Ich erlaube mir auch schräg rückwärts zu tanzen - jetzt gerade bin ich an einem Punkt, wo ich im 4. Semester Kunststudium und auch 2012 schon mal war, jeweils auf unterschiedlichen Flughöhen. Ist das gut oder schlecht? Das würde ich gar nicht einordnen wollen.


Jakob Roepke
In der Bildtafel-Serie der kleinformatigen Collage Paintings erforsche und suggeriere ich Sinnzusammenhänge durch Zitate, deja-vues und Anspielungen. Dabei untersuche ich vorhandene und mögliche ikonographische Vernetzungen mit anderen Bildkulturen aus Kunst, Alltag, innerer Vorstellung und Medien.
Mich interessiert die Polyvalenz und Bedeutungsvielfalt, die Vereinbarkeit, Wandelbarkeit und Vergänglichkeit von Bildbotschaften, wie andererseits die Konstanz von Symbolen und Archetypen. Bei der Beschäftigung mit Erzählstrategien verstehe ich das Narrative als ein kognitives Schema, das bildliche und Alltagswelt-Erfahrungen des Betrachters mit einbezieht.
Die Tafeln zeigen wiederkehrende und variierende Motive und Themen. Die Protagonisten durchspielen psychische Realitäten und Einstellungen zur Wirklichkeit in ihrer jeweiligen Rolle als Kämpfer und Dulder, als Träger und Jongleure, als Betrachter, Leser, Ignoranten und Schläfer, als Beobachter und Visionäre. Neben den Figuren spielen anderer Subjekte wie Tiere, Knoten, Konstrukte, Blasen, Ornamente und Innen-Architekturen eine Rolle.
Collagen-Serie, je 13 x 12 cm
ohne Titel, fortlaufend nummeriert, 1996 – 2016, ca. 1400 Tafeln
Papier, Gouache, Tusche auf Karton

Ausstellungsarchiv: Beiläufige Mühen und verkommene Uhrmacher
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Jeder mit Jedem

 

vom 22.07 – 30.07 Thomas Brüggemann | Hans-Martin Asch
vom 04.08 – 13.08 Henning Kappenberg | Thomas Brüggemann
vom 18.08 – 27.08 Hans-Martin Asch | Henning Kappenberg


Eröffnung am Freitag, den 22. Juli 2016 um 19 Uhr
Künstlergespräch am Freitag den 05. August 2016 um 19 Uhr
Finissage am Samstag den 27. August 2016 um 19 Uhr


23. Juli 2016 – 27. August 2016

 

 

 

Welchen Einfluss der Kontext auf die Lesart von ästhetischen Objekten ausübt, wird spätestens seit

der „Erfindung“ des Readymades künstlerisch thematisiert. Die Macht des Kontextes, in den man sich und sein Werk stellt, ist bei bildenden Künstlern besonders gut sichtbar. Man spricht von „Positionen“, die bestimmte Punkte in einem gedachten Koordinatensystem der verschieden künstlerischen Haltungen und Erscheinungsformen markieren (sollen). Dieses Koordinatensystem wird sichtbar, wenn vermeintlich widersprüchliche Positionen kombiniert werden: In der Mark Rothko Retrospektive 2008 in Hamburg veränderte die Gegenüberstellung der Ikonen Rothko und C.D.Friedrich die Lesart beider Werke, ließ etwas zu Tage treten, das schon immer im Werk vorhanden war, durch den bisherigen Kontext aber kaum wahrgenommen wurde.


Für bildende Künstler ist eine solche Gegenüberstellung besonders spannend, da jeder visuelle Tatsachen schafft, die sich zwangsläufig durch die gemeinsame Anwesenheit mit anderen Tatsachen verändern. Jeder versucht daher in Gruppenausstellungen „möglichst gut wegzukommen“.

In der diesjährigen Sommerausstellung „Jeder mit Jedem“ werden systematisch alle möglichen Kombinationen von drei Künstlerpositionen durchgespielt. Das Einander-in-Frage-Stellen, Kommentieren, Bereichern wird zum Ausstellungsthema.


Die Bildgruppen von Thomas Brüggemann sind am am ehesten selbstreferenziell und thematisieren den
malerischen Prozess und die daraus entstehenden Formen und Farbräume. In den Arbeiten werden spontane Aktion, Logik und Prozess gegeneinander ausgespielt.


Henning Kappenbergs sehr detailreiche und kleinteilige Gemälde von Berglandschaften und Landkarten
werfen Fragen nach dem Verhältnis zwischen den oft plakativen Erwartungen an den Ort und der sich
dahinter verbergenden sozialpolitischen Realität auf.


Die Arbeiten von H.M. Asch entstehen aus vorgefundenem fotografischem Material von Natur-katastrophen und ähnlichen atmosphärisch dichten Bildern. Er fotografiert bewusst nicht selbst, die oftmals schlechte Auflösung des Ausgangsmaterials lässt malerische Artefakte entstehen, Motive und Farbigkeit rücken die Bilder in die Nähe der romantischen oder auch impressionistischen Landschafts-malerei.

 

Wie verändert sich das Verständnis der einzelnen Arbeiten in unterschiedlichen Konstellationen?
Muss der Betrachter seine Einschätzung aus der ersten Ausstellung widerrufen, weil sich neue Zugänge zur Arbeit erschlossen haben?    Ein Experiment für die Künstler wie für die Betrachter.


Axel Obiger

 

Ausstellungsarchiv: Sommerausstellung
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Unsauber

Gabriele Künne und Ulrich Schreiber

 

Eröffnung am Freitag, den 24. Juni 2016 um 19 Uhr

 

25. Juni 2016 – 16. Juli 2016

 

 

Unsauber

Das klingt zunächst negativ: ungenau, fehlerhaft, unreif.

Disharmonisch, dissonant. Undeutlich, ungenau, unklar, unreif, verschwommen, abstrus, unartikuliert, unverständlich, verworren, regelwidrig.
Gabriele Künne und Ulrich Schreiber arbeiten mit traditionellen bildhauerischen Materialien: Keramik und Metall. Beide erforschen in ihrem "unsauberen" Umgehen mit dem Material die Möglichkeiten der Formfindung, die sich jenseits des vollständig Planbaren eröffnen.

Ulrich Schreiber arbeitet mit Metall, einem haltbaren, sehr präzisen, aber auch sehr wenig toleranten Werkstoff. In seinen Wandarbeiten hintergeht er die Festigkeit und Starre des Materials. Der Stahl in seiner industriellen Ausgangsform gibt bestimme Materialstärken und Ausdehnungen vor, der die Einzelelemente als gemeinsames Grundprinzip verbindet.
In den Wandarbeiten geht es weniger um Körper als um Richtung, die Einzelteile verhalten sich als Teile eines Schwarms nach einer ähnlichen Logik, aber sie bilden durch Abweichungen vom definierten Grundprinzip eine Bewegtheit. Die Formatgrenzen der ausschnitthaften Arbeiten werden nicht von außen, sondern durch den inneren Zusammenhalt der Teile definiert. Dieser wirkt durch räumliche Verschiebungen angreifbar. Durch das Nebeneinander der Ordnungs-prinzipien der verschiedenen Wandarbeiten ist die jeweilige Anordnung keine feste Aussage, sondern bleibt eine Möglichkeit. Auch die oxydierte Oberfläche zeigt eine Verletzlichkeit. Korrosion ist eine Eigenschaft, die man an diesem technischen Werkstoff selten toleriert, die Fehler und Materialversagen heraufbeschwört. Rost verwandelt die harte unangreifbare Oberfläche in eine samtige Haut. Das Metall, das selbst keine Farbe hat und nur reflektiert, wird leuchtend rostorange und verliert seine Unnahbarkeit.

Skulptur als Handlung, die mit dem Material ausgeführt wird, ist bei Gabriele Künne wichtige Methode der Formfindung. Aus ausgewalzten Tonplatten schneidet sie Stücke, die sie verformt und aufeinander schichtet. Die Formen sind das Ergebnis einer Geste, die auch zerstörerisch sein kann. Dabei vermeidet sie Arbeitsspuren, die Objekte sind nicht modelliert. Es ist, als hätten sie sich nach einem leicht variierenden Konstruktionsprinzip selbst gefaltet. Gabriele Künne arbeitet mit dem Kontrast zwischen dem körperlich Weichen, Hautartigen des offenporigen Materials und der Glasur, die mit ihrer abweisenden und abschließenden Glattheit an 50er Jahre Kacheln, Kernseife und Sauberkeit erinnert. Im Gegensatz zu traditionellen angewandten Keramik aus Höhlkörpern hat bei Gabriele Künne jede Platte der Schichtung zwei Seiten, Innen und Außen, die jeweils durch Glasur oder Nichtglasur definiert werden. Das eröffnet Konflikte: Innerhalb eines Objektes kann eine Schichtung auch zugleich Innen- und Außenseite der Gesamtform sein. Die Objekte sind z.T. durch Verletzungen und Messerstiche beschädigt, auch die Glasur scheint durchlöchert, wirkt nicht mehr schützend und abschließend, aber auch weniger einengend. Jedes einzelne Objekt thematisiert so das Verhältnis von Körper/Innen und Architektur/Außen.Gabriele Künne arbeitet innerhalb ihrer Installationen seriell, die Objekte sind ähnlich, aber nicht gleich. Ihre Vereinzelung auf je einem Sockel betont ihre Unterschiedlichkeit und lässt sie als unterschiedliche Möglichkeiten, als Konjunktive einer Form erscheinen.

Das Potenzial des Unsauberen lässt Definitionslücken, die man mit Nachdenken füllen kann. Luft zum Atmen.

 

Ausstellungsarchiv: Unsauber 07.2016
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UEBERSCHICHT

Christoph Bangert und Enrico Niemann

 

Eröffnung am Freitag, den 27. Mai 2016 um 19 Uhr

 

28. Mai 2016 – 18. Juni 2016

 

 

Ueberschicht


Malerische Schichten über Schichten, konzentriert und vielfältig übereinander gefügt, bilden eine
zunächst augenfällige Gemeinsamkeit der Arbeiten von Christoph Bangert und Enrico Niemann.

 

Bei genauerer Betrachtung erschließt sich jedoch die prozessorientierte Arbeitsweise bei Enrico
Niemann, die die Art des Farbauftrags, des Eigenlebens der flüssigen Farbe in Verbindung mit der Beschaffenheit des Malgrundes sowie des Trocknungsprozesses sichtbar werden lässt. Spezielle Malgrund-Objekte changieren zwischen räumlichen, gefalteten Malebenen („Crash“, „Bounding Box“), Relief-artigen geschichteten Farbhaut-Collagen („Cairo“) und raumgreifenden Wölbungen, die Träger der malerischen Experimente sind. Eine Malerei, die körperhaft und sinnlich erfahrbar ist, topografische Qualitäten offenbart, so dass man fast in einer der vielschichtigen Farblandschaften verschwinden könnte.


Präzise Schichten, die auf konzeptuellen Überlegungen beruhen, bestimmen dagegen die Arbeiten von Christoph Bangert. Ob sie zeichnerisch oder malerisch umgesetzt werden, sie folgen immer einem klaren System, das die zur Verfügung stehende Fläche mit einer Art Endloslinie (Loop) aufteilt. Die Zirkelzeichnungen beruhen auf der digitalen Buchstabierung von Namen, wobei der ASCII -Code manuell in Radius-Milimeter übersetzt wird. Dahingegen bilden die computerberechneten, geradlinigen Loops den Ausgangspunkt für Gemälde. Die anfänglich konstruktivistischen Kompositionen entfernen sich mit jeder Farbschicht und -nuance zunehmend vom Konzept; die Bilder erlangen durch irritierende Unschärfen eine synthetische Irrealität.


Erstaunlicherweise erfolgt der Sog in die Bildwelten auf eine ähnliche Art und Weise –
die Schichtungen erzeugen eine scheinbar bekannte Art der Räumlichkeit, die anzieht, die lockt,
und die profanen Lebenswelten für einen Moment vergessen macht.

 

Ausstellungsarchiv: Ueberschicht 06.2016
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„gutes Geleit“

 

mit Arbeiten von:

Michelle Blade ·
 Daniela Hoferer ·
 Katia Kelm ·
 Michaela Meise ·
 Silvia von Pock ·
 Jehoshua Rozenman ·
 Maria Schoof ·
 Eva Wisbauer ·
 Cornelia Wissel ·
 Gloria Zein // eingeladen von Susanne Ring.

 

Eröffnung am Freitag, den 29. April 2016 um 19 Uhr

Finissage am Samstag den 21. Mai von 18 – 21 Uhr, gutes Brot mit Schmalz

 

30. April 2016 – 21. Mai 2016

 

 

Ausstellungsarchiv: gutes Geleit 05.2016
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inzwischen

Josina von der Linden und Gudrun Kenschner

 

Eröffnung am Freitag, den 01. April 2016 um 19 Uhr

 

Zum Ausklang der Ausstellung, am kommenden Samstag, den 23. April 2016
laden wir Sie herzlich zum persönlichen Gespräch in die Galerie Axel Obiger ein.
Gudrun Kenschner und Josina von der Linden werden von 16-19 Uhr anwesend sein.

 

02. April 2016 – 23. April 2016

 

 

Mit der Ausstellung „inzwischen“ nehmen Gudrun Kenschner (Hamburg) und Josina von der Linden (Berlin), sowohl räumlich als auch zeitlich, Bezug zum urbanen Raum.

 

Gudrun Kenschner ist keine klassische Performancekünstlerin.

Sie läßt sich bei ausgiebigen Spaziergängen durch die Stadt gerne treiben. Vom Reiz des Unbekannten angezogen findet sie mit feinem Gespür entlegene Areale, die sie kurzzeitig künstlerisch in Besitz nimmt, ohne dabei Spuren zu hinterlassen.

Mit wenigen Requisiten setzt Gudrun Kenschner sich und Vorgefundenes effektvoll in Szene. Architektonische Gegebenheiten, Wandzeichnungen, sowie die jeweilige Lichtsituation bilden dabei inspirierende Kulissen. Ihre spontanen Performances – stets ohne Publikum –

kommentieren humorvoll und hintergründig Orte wie Unorte. Die Künstlerin fotografiert ihre flüchtige Präsenz im urbanen Kontext meist per Selbstauslöser.

Gudrun Kenschners Performancefotos sind sensible und eindrückliche Bildkompositionen, die von der großen Lust erzählen, sich frei in der Stadt zu bewegen, wie auf einer offenen Bühne.

 

In ihrer aktuellen Rauminstallation „in Erscheinung getreten“ bezieht sich Josina von der Linden auf vorhandene künstlerische Inszenierungen im Berliner Stadtraum. Die Amazonen-darstellungen der Bildhauer August Kiss (1842) und Louis Tuaillon (1895/1904) sind Bronzestandbilder in vollendeter Antikenästhetik, die junge Reiterinnen im leichten Gewand, stolz, souverän, aber auch mit großer Angriffslust zeigen. Josina von der Linden stellt in ihrer fotografischen Annäherung insbesondere die Waffen, mit denen die Statuen ausgestattet sind, heraus: Streitaxt und Speer. Könnte man ebenso kämpferisches Potential vermuten, wenn die Pfeile ihrer Installation dynamisch den Raum zu erobern scheinen?

 

Ausstellungsarchiv: inzwischen 04.2016
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„Das Innere des Innersten, von aussen betrachtet“

 Alke Brinkmann und Jan Beumelburg

 

Eröffnung am Freitag, den 04. März 2016 um 19 Uhr

Während der Ostertage haben wir Donnerstag, den 24.03, sowie Samstag, den 26.03

jeweils von 14 bis 19 Uhr geöffnet

   

05. März 2016 – 26. März 2016

 

 

Ausstellungsarchiv: Das Innere des Innsersten, von aussen betrachtet 03.2016
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SATELLIT # 5 „TERRITORIUM“ · EULENGASSE @ Axel Obiger

 

mit Arbeiten von:

Andrea Blumör ·
 Vládmir Combre de Sena ·
 Marcelo Coutinho ·
 Harald Etzemüller ·
 Heide Khatschaturian ·
 Helmut Werres ·
 Sabine Zimmermann

 

Eröffnung am Freitag, den 05. Februar 2016 um 19 Uhr

 

06. Februar 2016 – 27. Februar 2016

 

 

Wir heimsen eine Geschichte ein und betrachten sie als unsere. Wie kommen wir überhaupt auf die Idee, dass eine Vorstellung alleine uns gehört oder zu uns gehört? Es ist das Nichtsichtbare, das Imaginäre: Erinnerung Zwischenraum Notation. Ist Territorium das, was trennt oder uns verbindet?

 

»TERRITORIUM«
 ist eine Gruppenausstellung zum Thema Limitierung / (Ab-)Grenzung
 mit Werken von Andrea Blumör, Vládmir Combre de Sena, Marcelo Coutinho (Brasilien), Harald Etzemüller, Heide Khatschaturian, Helmut Werres und Sabine Zimmermann. 

 

Jeder von uns bewegt sich routiniert in bestimmten Gebieten. Das kann zum Beispiel die Stadt sein, in der man lebt, das Viertel, in dem man die eigenen Aufgaben erledigt. Andere reisen in einem Monat um die halbe Welt. Nicht der Raum bestimmt unser Leben, wir bestimmen den Raum, in dem wir leben, Lebensräume: Territorium. In dieser Ausstellung werden eher die emotionalen Deutungen des Begriffs beleuchtet, weniger dessen geopolitische Definition.

 

Der Kunsthistoriker Hanno Rauterberg schreibt über das Bedürfnis, sich im öffentlichen Raum selbst zu erfahren. Er stellt fest, in welchem Maße die digitale Welt und das Internet Eingang gefunden haben in die tagtägliche Lebenswelt der Menschen. Und gerade diese Omnipräsenz der digitalen Technik, die überall ihre Sensoren hat und der nichts mehr zu entgehen scheint, wecke in manchen das Bedürfnis, dem unsichtbaren Überall des Netzes ein konkretes, körperlich spürbares Hier und Jetzt entgegenzusetzen. Rauterberg sagt, dass die Gestimmtheit eines Raumes, alles Intuitive, mit dem ein Mensch die Atmosphäre eines Platzes erspüren und sein Gegenüber erfasse, der Wirklichkeit existierender Orte vorbehalten bleibe. Erst im Körper der Stadt bekomme der Mensch die eigene Körperlichkeit zu spüren. 

 

Der Lebensraum, in dem ein Mensch, wohnt, sich bewegt und orientiert ist für andere Menschen wesentlich unsichtbar, postuliert Franz Xaver Baier. Mit der Ausstellung »TERRITORIUM« zeigen die beteiligten Künstler, dass Kunst sie das Territorium erahnen und sichtbarer erscheinen lässt.

 

Die Ausstellung »Territorium« wurde im Frühjahr 2015 in Stockholm auf der Independent Art fair Supermarket und im Herbst 2015 in der Galerie Eulengasse in Frankfurt / Main gezeigt. 

 

Ausstellungsarchiv: Satellit # 5 „TERRITORIUM“ 02.2016
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„Der Rest vom Fest“  

mit Arbeiten von:

 

Thilo Droste ·
 Heike Hamann ·
 Katrin Hoffert ·
 Gabriele Künne ·
 Josina von der Linden ·
 Oliver Möst ·
 Susanne Ring 

 

Eröffnung am Freitag, den 15. Januar 2016 um 19 Uhr

 

16. Januar 2016 – 30. Januar 2016

 

 

Ausstellungsarchiv: Der Rest vom Fest 01.2016
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