GABRIELE WORGITZKI  |  MAJA ROHWETTER

 

Eröffnung am Freitag, den 3.12.2010 um 19:00 Uhr

  

04. Dezember 2010 – 08. Januar 2011

 

 

 

Die Ausstellung der Künstlerinnen Maja Rohwetter und Gabriele Worgitzki zeigen Bildwelten, die unsere Erfahrungen in und von Raum und Zeit erweitern. Die Wahrnehmung, die uns tagtäglich hilft durch diese Welt zu navigieren, basiert auf Ideen und Annahmen, die uns unsere Erfahrung vorgibt. Nun hat die Wissenschaft in all ihren Bereichen uns längst die Erkenntnis geschenkt, dass die meisten unsere Annahmen über Raum und Zeit leider falsch sind, sie sind nützliche Konstrukte damit wir alle im Ganzen klarkommen, aber nichts ist so, wie wir uns das denken. Zum Beispiel die gehörte Information dringt sehr viel schneller in das Gehirn als die gesehene Information, damit wir nicht durcheinander kommen, werden dort die Eindrücke synchronisiert, heisst interpretiert. Und das bei jedem Menschen anders. Was ist also allgemeingültig ein Moment? Wenn wir uns dem Raum annehmen geraten wir noch erheblicher ins Trudeln. Multiple Dimensionen tun sich auf, die sich ineinander spiegeln und verschränken. Der physikalische, emotionale, psychologische Raum, Erinnerungsorte, politische Hoheitsgebiete und nun noch der virtuelle Raum. Ort und Zeit sind also nicht etwa eindeutig gegeben sondern werden durch uns immer wieder neu konstruiert. Nur durch gemeinsame Absprachen erreichen wir überhaupt erst ein Miteinander. Unsere individuelle innere Uhr und unsere Lebensräume müssen wir jeden Tag mehrfach aneinander angleichen.



 

Gabriele Worgitzki entwickelt Bilder und Videos, die sich dem Phänomen Zeit nähern. Wir befinden uns in Räumen mit Menschen und irgendwie scheint die Zeit der Protagonisten und ihres Umfelds nicht synchron zu verlaufen. Der eine gehetzt, der andere ruhend, das Umfeld rasend.  Zeitqualitäten, die sich überschneiden, an einem Ort zusammentreffen und nicht aneinander angeglichen wurden. Geschwindigkeiten werden abgebildet und Zeitläufe, die sich durchmischen und doch nicht berühren, dafür bedürfte es einer Frage oder einer Handlung. Entschuldigung, wie spät ist es? Gabriele Worgitzki zeigt uns Bilder von der Vereinzelung im Gemeinsamen. Sie macht uns auf eindringliche und nachhaltige Weise bewusst, dass es keine Gegenwart gibt, sondern nur Gegenwärtigkeiten, die sich an Orten überlagern, aber selten im Gleichtakt laufen. Die Differenz der Geschwindigkeiten ist gleich der Distanz zwischen mir und dir, der Stadt und uns. Alles was wir tun können, ist uns auf der Bühne der Geschwindigkeiten zu einer kurzen Reise zu verabreden. Einen Takt definieren, diesem zu folgen, für einen Moment oder eine Dauer. Dann wird aus rasen eine Reise und aus Stillstand eine Pause, aus einem Moment ein Monument.



 

Maja Rohwetter entwickelt Räume, oder bildet sie nur die nach, durch die wir streifen, oder räumt sie die Restfragmente unserer dekonstruierten Realität wieder ins Bild? Das Phänomen ist komplex. Unsere Körper bewegen sich seit der Erfindung moderner Verkehrsmittel und der virtuellen Welten immer schneller durch immer mehr Orte. Die Beschleunigung fordert als Tribut den Blick für den Zusammenhang. Wir sind Sammler von fragmentierten Raumhäppchen, die wir zu einem Weltbild zusammenbauen. Wie Touristen tendieren wir dazu Oberflächenstrukturen als Ort zu deuten. Computerspiele machen sich dies zunutze. Im konstruierten 3D Raum werden komplexe Bilder auf möglichst einfache Volumen gelegt. Im schnellen Vorbeifahren entwickeln wir den Raum im Gehirn so, wie wir aus 24 Bildern pro Sekunde im Kino eine flüssige Bewegung machen. Maja Rohwetter bewegt sich auch durch vielfältigste Räume, nur scheint sie dabei etwas unterschiedlich zu machen.  Sie hält sich in den Randbereichen auf, in den Übergangszonen und Nebenschauplätzen. Sie kümmert sich um die Strukturen und Gebiete zwischen den Versatzstücken. Mit dem langsamsten der bildgebenden Medien, der Malerei widmet sie sich den beschleunigten Orten. Doch irgendwie scheinen hier Fehler aufzutauchen, die Oberflächen und Strukturen verschiedener Realitätsebenen verknoten sich oder fallen auseinander. Die Übergänge und Anschlüsse sind brüchig und verzerrt. Es sind die Sollbruchstellen unserer Realitätskonstruktion. Irgendwie hat unsere Erinnerung einen Fehler gemacht oder der Programmierer. Oder die Künstlerin alles richtig.

 

 

 

 

I LOOK AT THE WINDOW

mit Arbeiten von:

 

Thomas Bachler · Laure Bertin · Bettina Cohnen · Bruno Dorn · Sylvia Henrich · Sabine Hornig · Veronika Kellndorfer · Andreas Koch · Mariya Kozhanova · Oliver Möst · Karen Stuke · Norbert Wiesneth · Sinta Werner · Gabriele Worgitzki 

 

Eröffnung am 15.10.2010 um 19:00 Uhr

 

16. Oktober 2010 – 28. November 2010

 

 

 

Der Blick aus dem Fenster oder hinein ist ein fotografischer Reflex. Die erste noch erhaltene Fotografie war ein Blick aus dem Studio von Ni c é p h o r e Ni é p c e. Bis heute ist die Wechselwirkung des Fensterrahmens und der Bildbegrenzung ein Thema, das Künstler auf unterschiedlichste Weise neu formulieren. Dabei ist der Blick nach Außen oft ein Blick in das Innenleben des Künstlers.  

Die Ausstellung zeigt junge europäische fotografische Positionen zum Thema Fenster. Das kann ein Blick aus dem Fenster oder auf ein Fenster oder in ein Fenster hinein sein. Immer verbunden mit der Diskrepanz, dass hier dem Blick eine erobernde Freiheit gewährt wird, die dem Körper versagt bleibt. 

 



Thomas Bachler fotografiert weitwinklig an Fensterscheiben der Provinz entlang. Die schwarz/weiss Serie zeigt so Innen- und Außenräume als bipolare Partner in Korrespondenz

 

Laure Bertin´s Fotografien entstehen in der Nacht. Immer wenn in Bürogebäuden noch Licht und Arbeit vorhanden ist. Das Innenliegende Geschäftige erscheint dabei dem Passanten gut ausgeleuchtet wie auf einer Bühne.



 

Bettina Cohnen konstruiert mit fotografischen Werkreihen eine Geschichte, in der ein Fenster eine zentrale Rolle spielt, ohne zu verraten, was sich dahinter abspielt.

 



Bruno Dorn fotografierte den Blick aus dem Wohnzimmer der Eltern in den Garten hinaus. Die auf dem Fensterbrett stehenden Mitbringsel von Reisen stehen in direktem Konstrast zur aufgeräumten deutschen Idylle.



 

Sylvia Henrich zeigt unerreichbare, fast unfassbare Wirklichkeiten, die wir durch Scheiben zuweilen betrachten dürfen. Durch Flugzeugfenster, Taucherbrillen und Doppelglasscheiben.



 

Sabine Hornig´s großformatige Ansichten zeigen leere Ladenlokale. Die sonst so sauberen Schaufenster sind verhangen oder verschmutzt und trüb. Ein blinder Fleck in der sonst so hyperrealistischen Warenwelt.

 



Veronika Kellndorfer bereiste Paris um dort ein Fenster zu fotografieren, das Ellsworth Kelly als Vorlage für sein „Window, Musée d’art Moderne, Paris, 1949“ gedient hatte. Gerade in diesem Moment waren Fensterputzer am Werk.



 

Andreas Koch entwickelte aus vielen Einzelbildern eine Kamerafahrt aus seiner Küche heraus durch den Innenhof bis in die Wohnung seines gegenüberliegenden Nachbarn hinein. Die beiden Fenster, die im Wege stehen durchdringt er mit dieser Technik mühelos.



 

Mariya Kozhanova zeigt das melancholisch-poetische Bild des uns von der Welt trennenden Fensters. Von außen nach Innen fotografierten Personen an Fenstern scheinen sich an einen anderen Ort zu sehnen.



 

Oliver Möst fotografierte eine Aufzugfahrt. Durch ein kleines Bullaugenfenster erhascht man unscharf an jeder Etage einen kurzen Blick in diese. Doch vorrangig entdeckt man dort nur die Ziffer des Geschosses und den gespiegelten Fotografen.



 

Karen Stuke stellt Ihre Kamera in Drehrestaurants von Fernsehtürmen weltweit und fängt die vorbeiziehenden Lichter der Städte in langer Belichtungszeit ein, so dass der sonst so überwältigend klare Überblick sich im Medium auflöst. 

 

Norbert Wiesneth zeigt in der Reihe Schicht die eigentliche Substanz der Scheibe als Träger einer Geschichte. Erst durch das zerbrechen des Glases erkennen wir die Fragilität der Trennung vom benachbarten Raum. 



 

Sinta Werner hat komplexe Gebäudescheibenkonstellationen als Ausgangspunkt einer räumlichen Arbeit genommen und stellt die Situation mit Großformatdias nach.

 



Gabriele Worgitzki erschafft mit Lochkamerafotografien aus dem Zugfenster der transsibirischen Eisenbahn einen Film, der die Landschaft von Europa bis China analysiert.

 

 

Eine Replik der Originalarbeit von Niépce bildet die historische Klammer der Ausstellung.
Sie macht deutlich, welchen Weg die Fotografie von ihren Anfängen her zurückgelegt hat und welche neue Bildsprachen das Medium heute findet und erfindet. Gerade die strikt formale Eingrenzung des Themas lässt einen lebhaften Dialog zwischen den Werken entstehen. 

 

 

 

 

DOPPELBLINDTEST

Gereon Krebber und Oliver Möst

 

Eröffnung am 10. September 2010 um 19:00 Uhr

  

11. September 2010 – 09. Oktober 2010

 

 

 

Die Ausstellung Doppelblindtest blickt getrübt in die Welt. Doch auch wenn die Augen verschleiert sind, gelingt es den Künstlern mit ihren ganz eigenen Möglichkeiten und Mitteln Raum zu erobern, bringen Ihre Hände ins Spiel, wenn nicht gleich den ganzen Körper. Irgendwie lassen sich die Räume der Welt, psychologische oder reale, aus Künstlersicht auf diese Weise auch gelungener erforschen. Augen verschwinden im Mund und Hände und Körper übernehmen die erkundende Aneignung. Ergebnisse solchen taktilen Denkens klemmen dann schon mal als Skulptur unter der Decke oder werden als kurze performative Prozesse im Video festgehalten. Unschärfebereiche und Brüche der Raumordnung sind präzise, geduldige und humorvolle Akteure einer perfiden Attacke auf die Sollbruchstellen unserer so fein konstruierten Welt.

 

Oliver Möst arbeitet vorrangig mit fotografischen Mitteln. Die erzeugten Bilder zeigen dabei einen künstlerischen Blick, der in allerletzter Konsequenz auch die Optik des Fotoapparats durchdringt. So ersetzte für die Serie Clackastigmat 6.0 das Brillenglas zum Ausgleich der „Fehlsichtigkeit“ des Künstlers die Linse der Kamera. Das was der Künstler ohne Sehhilfe wahrnähme, bekommen wir im Umkehrschluss als Fotografie vorgesetzt. All die schönen Models, die Pokalsammlung des Vaters, die Stadtansichten - unscharf, verzerrt und verstörend. Man möchte sich permanent die Augen reiben.

In vier Videoarbeiten kehrt Oliver Möst seinen Blick rückkoppelnd auf sich selbst. Er wendet eine Lochbildkameratechnik auf den Camcorder an und richtet die präparierte Linse auf kurze Szenen, in denen er als Akteur im verschwommenen Raum nach Halt sucht. Die körperliche Einschränkung wird zum Motor von psychologisch aufgeladenen Handlungen, die starke Momente von Isolation, Trotz, Beklemmung und zynischem Humor beinhalten. Durch die einfache Manipulation seiner bilderzeugenden Werkzeuge gelingt es Oliver Möst - dem Auge die gewohnte Klarheit entziehend - den Blick frei zu machen für die tieferliegenden Bilder, Erinnerungen und Erfahrungen.

 

Gereon Krebber manipuliert ebenfalls und Klarheit gönnt auch er uns nicht. Er greift lieber direkt in die Raumordnung ein und stört die so selbstverständlich behauptete Position unserer Körper im Raum. Mit seiner schier unerschöpflichen Experimentierfreude durchdringt er Austellungsräume so vehement und krude, dass nur die humorvolle Seite seiner Arbeit verhindert, dass wir direkt von seinen Skulpturen im Raum verschlungen werden. Gereon Krebber misstraut dabei dem Sehen als dem dominanten Teil unseres Wahrnehmungsapparats. Auch er ein Künstler, der eher tastend oder schreitend erkundet. Die Hände als hochsensible Organe, die geschickterweise am Ende der maximalen Ausdehnung unserer Spannbreite angebracht sind, geben dem Künstler wesentlich wichtigere Informationen, als die im Hirn aus den Bildern zweier Augen konstruierte Dreidimensionalität. So winden sich die Arbeiten des Künstlers durch alle Schichten des Raumes, durch Winkel und Nischen, um Ecken, durch Türen. Wie Parasiten docken sie sich an Vorsprüngen an und erobern nun ungehemmt, schön verankert, den umliegenden Raum.

 

Oliver Möst´s Bilder verzerren das  Abbild unserer Wirklichkeit, um dahinter verdeckte Seinsschichten aufzudecken, die Skulpturen von Gereon Krebber manipulieren in diesem Sinne den Raum. Beide fordern uns damit heraus, eine Zeit lang ihrer Welterkundung im Doppelblindtest beizuwohnen. Wenn wir bisher dachten, wir sähen wohl ein klares Bild von uns in den Räumen der Welt, müssen wir in dieser Ausstellung revidierend erkennen, vielleicht voreilig die Brille geputzt und die Hände in den Schoß gelegt zu haben.

 

 

 

 

PROJEKT ZUR ENTDECKUNG DES VERLORENGEGANGENEN KÖNIGREICHS UTOPIA

Doris SPRENGEL

 

Eröffnung am Freitag, den 13. August 2010 um 19 Uhr

Eine künstlerische Intervention im Schaufenster der Galerie, zu sehen rund um die Uhr. Die Galerieräume bleiben während der Ausstellungsdauer geschlossen.

 

14. August 2010 – 09. September 2010

 

 

 

Schmetterlingsfänger, Käfersammler, Botaniker, Kaktusliebhaber, Geologen, Alchimisten, Naturforscher, Doris Sprengel.

Passionierte Universalsammler, reisende Enzyklopädisten, sie tragen: lange Jacken, Westen, Halstücher, Kniebundhosen, Schnallenschuhe und modische Hüte. Der bebrillte, mit mehreren Orden oder Ehrenzeichen dekoriere Gelehrte annonciert den Zweck der Expedition per Handzettel:

Project zur Entdeckung des verlorenen Königreichs Utopia

 

Passioniert werden Indizien notiert, skizziert, bebildert. Zeichnungen, Zeichen, Fragmente, Notizen, Fundstücke und die Hoffnung, in der Heimat aus Details ein Gesamtbild formen zu können. Mit Hingabe wird der unschuldig voreingenommene Blick auf die Wunder der Welt geworfen, ein bedächtiges, würdevolles Anliegen, denn es gilt die Botschaft des Übervaters zu entschlüsseln und ein Königreich zu finden, welches sich ihr als würdig erweist. Utopia oder Atlantis oder Heimat. Worte, die nach Sehnsucht klingen, nach Verheißung, noch lange nicht nach Diskurs und Systemkritik. Es muss ihn geben, diesen Ort aus Lebensfreude und Perfektion, dort, wo die Weltformel aus Wunder und Uhrwerk, Verwandlung und Ewigkeit zusammenwächst.

 

 

 

 

VON DIESER SEITE

Myrtia Wefelmeier und Fernando Niño-Sánchez

 

Eröffung am Freitag, den 9. Juli 2010 um 19 Uhr

 

10. Juli 2010 – 07. August 2010

 

 

 

Die Ausstellung: „von dieser Seite“ wirft Ihren Blick auf wundersame und bedenkliche Momente des Lebens. Zwei Künstler, die Zwischenräume im Denken und Handeln erspüren und Bilder und Objekte in die Leerstellen unserer Rationalität verankern. Ob Naturwunder oder Kulturleistung, die Frage nach der ureigenen individuellen Erfahrung und deren Konflikt mit dem zeitgenössischen Allgemeinen, wird durch zwei engagierte Positionen untersucht.

 

Myrtia Wefelmeier zeigt uns in ihren neuesten Malereien Menschen in Situationen, die mit dem Begriff „eine Erfahrung machen“ nur unzureichend beschrieben sind. Es sind Ereignisse und Momente, die etwas Wesentliches, intensiv urgewaltiges in uns ansprechen, etwas, dessen wir nur im Besonderen, Einzigartigen habhaft werden. Ob als Teil einer jubelnden Zuschauermenge oder als Individuum in der Natur, Menschen verschmelzen mit dem sie umgebenden Raum und gehen auf in einer Situation. Schatten und Lichter verschleiern die Grenze zwischen dem Subjekt und seinem Umfeld. Zeit und Ort konzentrieren sich zu einem endlosen Sekundenbruchteil voller Erleben, ohne Bedenken. Ein Moment, der in seiner Dichte unser Wesen durchdringt und fundamentale Emotionsgewebe aus Hoffnung und Angst, meditativer Ruhe und höchster Anspannung erzeugt, bevor wir 
Erfahrungen und Verhaltensweisen als Hilfsmittel des Handelns nutzen können, bevor wir entscheiden, lenken, analysieren.

 

Fernando Niño-Sánchez will mit seinen Objekten die ungeschriebenen Gesetze, die diesen unhinterfragten Konventionen zugrunde liegen, untersuchen und mit seinen 
Werken einen Diskurs anstoßen. Denn es sind letztlich gerade diese gesellschaftlichen Konventionen, die Machtverhältnisse entstehen lassen und einen Anschein von individueller Wahlfreiheit aufrechterhalten. Der Künstler gibt diesen Konventionen eine Form und lässt sie in architektonischen Elementen Gestalt annehmen. Es sind tragende, stützende und verschönernde Elemente, die Stabilität und Tradition repräsentieren. Doch erfüllen sie diese Funktionen nur vordergründig. Genau dieser Bruch ist es, den Bertolt Brecht in seinem Frühwerk „Der Jasager und der Neinsager“ zur Sprache bringt. Der Jasager beugt sich den Konventionen und bezahlt dafür mit seinem Leben. Der Neinsager hingegen bricht mit der Tradition, entscheidet sich für das Leben und insbesondere für ein eigenständiges und neues Denken. Fernando Niño-Sánchez öffnet uns mit seinen Objekten den Blick auf solche Bruchstellen, in dem er zeigt, dass sich hinter Strukturen, die Naturgesetzen gleich akzeptiert sind, unvollkommene Konstruktionen verbergen.

 

 

 

 

SATELLIT #1 - AUF PAPIER

mit Arbeiten von:

 

Sabine Fassl · Jörn Gerstenberg · Jürgen Kisch · Dirk Krecker · Michael Kutschbach · Katrin Plavcak

 

Eröffnung am Freitag, den 4. Juni 2010 um 19:00 Uhr

 

05. Juni 2010 – 03. Juli 2010

 

 

 

In einer Gruppenausstellung führt Axel Obiger sechs zeichnerische Positionen zusammen, die das Medium eigenwillig vorantreiben. Von introvertierter Zeichenfindung über intuitive Welterkundung zu konstruktiver Raumanalyse entsteht ein Dialog von auf Papier verhandelten Wirklichkeiten. Trotz der formalen Gegensätze umkreisen die Künstler in gleicher Intensität und Geschwindigkeit dichte Zonen aktueller ambivalenter Realitäten.

 

Sabine Fassl studiert aus künstlerischer Sicht die wissenschaftliche Aneignung einer uns abhanden gekommenen Natur. Zart ausgearbeitete Mikrokosmen, die uns doch wie bedrohliche Viren vorkommen. Tiere, die uns verstörend direkt anstarren. Ihre berührende und Angst einflößende Naturkunde arrangiert die Künstlerin zu komplexen Werkgruppen.

 

Jörn Gerstenberg seziert in seinen Architekturdarstellungen öffentliche Räume. In radikaler Entleerung werden Supermärkte geplündert, Museen leergefegt, Zoos entvölkert und Bauvorhaben in Investitionsruinen verwandelt. Er wendet eine Variante des Linolschnitts an, die wie ein Negativ die Leere des Raumes schwarz füllt und die eigentliche Architektur als weiße Linie offen lässt.

 

Jürgen Kisch zeigt 26 Zeichnungen, entstanden während der Weiterbildung „Künstler in die Schulen“. Zwischen Tagebuchskizzen, Telefonzeichnungen und Erinnerungsfragmenten changierend sind sie mehr Bewegung und Zusammenballung als inhaltlich stringente Notizen. Eine Erforschung des locker kontrollierten Einflusses einer spezifischen Situation auf die Zeichnung.

 

Dirk Krecker zeichnet mit der Schreibmaschine. Schemenhafte Schatten von Flugzeugen, düster und leicht zugleich. Mit einer dem Medium innewohnenden Akribie erzeugt er eine atmosphärische Vielschichtigkeit zwischen Bewunderung und Bedrohung, dem Traum vom Fliegen und Bombenalarm.

 

Michael Kutschbach erarbeitet in vielen Medien Formzusammenhänge, die oft grafische Ausgangspunkte haben. Große Wandzeichnungen werden kombiniert mit Objekten und ergänzen sich zu raumgreifenden Installationen. Seine Arbeit ist dabei wie eine außersprachliche Reflektion über Dichte, Zartheit, Wiederholung und Freiheit.

 

Katrin Plavcak erforscht mit Stift und Farbe die Randzonen der Existenz. Dabei haben vergessene Raumfahrtpioniere ebenso ihren Auftritt, wie Außerirdische vor den Pyramiden, der Kampf des Astronauten mit der schwarzen Materie oder die Auseinandersetzung mit der Mutter. Psychologisch extrem aufgeladene Situationen und Geschichten werden in Szene gesetzt und mehrdeutig zeichenhaft notiert.

 

 

 

 

PICTURE PICTURE

Alexandra Mieth und Christoph Rossner

Malerei

 

Eröffnung am Freitag, den 30. April 2010 um 19 Uhr

 

01. Mai 2010 – 29. Mai 2010

 

 

 

Alexandra Mieth zeigt eine Auswahl von Bildern aus zwei Zyklen: Bewildert und Heldenhaft. Im Kern geht es Mieth um das Sammeln emotionaler Chiffren. Die malerische Reflektion der Themen findet ihren Platz auf der Leinwand und versteht sich auch als visuelle Lyrik. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit oder Deutbarkeit der Verweise, vielmehr ist ihre Malerei als ein Paraphrasieren, ein Vorgang des Entfaltens von Variationen über ein Leitmotiv zu verstehen, der auch die mögliche Spanne zwischen Ernsthaftigkeit und humorvoller Übertreibung ausloten will.

 

Christoph Roßner beschäftigt sich mit dem Phänomen des Bildes. Seine Malerei erfindet und umkreist eine subjektive, nach immer neuen Parametern funktionierende Welt. Die bedingt gegenständlichen Gemälde verweisen auf eine vom Künstler entwickelte Mythologie der Dinge. Der bewusste Umgang mit Licht erzeugt eine Atmosphäre von konzentrierter Stille und rätselhafter Melancholie. Roßners Werke sind gekennzeichnet von einer ebenso ernsthaft erarbeiteten, wie bisweilen auch überraschend spielerischen Auseinandersetzung mit Form und Farbe.

 

 

 

 

ABWESENHEITSNOTIZ  

Gabriele Worgitzki und Norbert Wiesneth

Fotografie und Zeichnung

 

Eröffnung am Freitag, den 26. März 2010 um 19 Uhr

 

27. März 2010 – 24. April 2010

 

 

 

Die Ausstellung zeigt Fotografien und Zeichnungen, in denen die „Abwesenheit“ entscheidender Bildelemente ein verbindendes Moment ist: bei Gabriele Worgitzki blendet sich der Raum um ihre Bildfiguren aus und Norbert Wiesneth zeigt sich selbst überlassene Orte im Zustand der Transformation.

 

Gabriele Worgitzkis malerische Fotoarbeiten folgen unserer Wahrnehmung des Fokussierens. Es verschränken sich Zeitablauf, Moment und Erinnerung in einer komplexen Konstruktion von scharfen und unscharfen Ebenen, welche zeitgleich mit verschiedenen Kameras aufgenommen werden. Die Figuren aus dem Stadtraum sind so in den inneren Zeitverlauf der Bilder eingefügt, dass sie uns selbst in das alltägliche Universum des Augenblicks eintauchen lassen. Parallel zu der fotografischen Arbeit fertigt Gabriele Worgitzki täglich Tuschezeichnungen an. Ausgehend von fotografischen Vorlagen verdichten hier die Passanten mit ihrer flüchtigen Präsenz den leeren Blattraum.

 

Die Veränderung von Orten bildet das zentrale Motiv in den Arbeiten von Norbert Wiesneth. Als „Chronist der Abwesenheit“ spürt er Ungereimtheiten und Neuformierungen verlassener (Stadt-) Räume nach. Verstörende Elemente scheinbar arrangierter Objekte eröffnen erzählerische Ebenen. Situationen für seine Werkgruppen findet Wiesneth in leeren Zimmern eines vormals berühmten Hotels in Tanger, das allmählich von der Natur zurückerobert wird, in verfallender sozialistischer Architektur an der Ostsee und in verwilderten Eilanden im großstädtischen Straßensystem. Lässt man sich auf die Szenen der analogen Schwarz-Weiß-Fotografien ein, scheint die Abwesenheit lebendig zu werden. 

 

 

 

 

Susanne Ring - VERHOLZEN

Christiane Ensslen - AUS EINER ANDEREN WELT

Plastik und Malerei

 

Eröffnung am Freitag, den 19. Februar 2010 um 19 Uhr

 

20. Februar 2010 – 20. März 2010

 

 

 

In den archaisch anmutenden Ensembles von Susanne Ring drücken sich Erinnerungen, Träume und Wünsche aus. Unter dem Titel VERHOLZEN kombiniert sie ihre Figuren und Bilder zu einem großen Wandensemble. Verholzen verweist auf ein Paradox: der Prozess beinhaltet das Absterben von Zellen, ihre Umwandlung in ein widerstandsfähiges, aber totes Material. Dieser Aspekt ist elementar für das Wachstum und sichert schlussendlich das Überleben. Einige Figuren scheinen diesem Prozess zu folgen, dem gegenüber stehen ornamental durchbrochene Körper. Das Ornamentale verweist auf volkstümliche Zierformen und schließt als eine Kategorie des Traditionellen geistiges Wachstum eher aus. Ein Spiel mit der Frage nach Vergangenheit und Identität: wo komme ich her und wo gehe ich hin?

 

Die Malerin Christiane Ensslen lebt und arbeitet in Weimar. Mit dem Ausstellungstitel „Aus einer anderen Welt“ verweist sie auf ihre Kindheitserfahrungen in der DDR, die häufig in Kontrast zu ihrer heutigen Lebensrealität stehen. Dieses Spannungsfeld hält sie in farbenprächtigen Ölbildern fest, in denen sich exakt aufgefasste Formen mit malerisch freier gestalteten Partien abwechseln. Die surrealen und oft kulissenhaft wirkenden Bilderwelten, in denen sich Architekturen, Tiere, Maschinen und vor allem Menschen wie auf einer Bühne begegnen, sind Erinnerungsstücke, in denen es nicht um historisch belegbare Dokumentationen geht, sondern um die intuitive Annäherung an innere Gefühlswelten, die durch das eigene Erleben geprägt wurden. Die Bilder und Symbole, die die Künstlerin hierfür findet, sind somit individuelle Zeichen, die nicht nach Allgemeingültigkeit oder oberflächlicher Erklärbarkeit suchen.

 

 

 

 

HARRIET GROSS UND MATTHÄUS THOMA

Scherenschnitte, Schnurzeichnungen, Skulpturen

 

Eröffnung am Freitag, den 15 Januar 2010 um 19 Uhr

 

16. Januar 2010 – 13. Februar 2010

 

 

 

Die Scherenschnitte von Harriet Groß, aus Papier oder Metallfolie geschnitten, sind konzentrierte Arbeiten, deren Inhalte um die Bedingungen menschlicher Wahrnehmung und Kommunikation kreisen. Schrägperspektiven und klare Kompositionen, die linearen Formen, bis hin zu strengen Rasterungen den Vorzug geben, werden mit feinteiligen und sehr detailliert ausgearbeiteten Bildelementen kombiniert. Ihre „Cut Outs“ verortet Harriet Groß in weite, an der Wand verspannte Schnurzeichnungen. Changierend zwischen Zeichnung und Installation öffnen sie den realen Raum zu einem fiktiven und forcieren dies Wechselspiel neuerdings durch Metallskulpturen und Glasobjekte.

 

Matthäus Thoma schafft aus rohen, unbehandelten Holzstücken komplexe Skulpturen. Die Basis bilden geometrische Formen, die der Künstler aufbricht und deformiert; sie weiten sich in den Raum, nehmen ihn in Besitz und öffnen sich ihm gleichzeitig. Die den Figuren innewohnenden Gegensätze – Chaos und Ordnung, Kraft und Fragilität, kristalline Aufsplitterung und fließende Bewegung, komplexe Komposition und Bescheidenheit des Werkstoffs – gehören zu den signifikanten Merkmalen von Thomas Kunst.